Pneumonien in der Praxis
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 29
, Nummer 15, PK192
Redaktionsschluss: 5. März 2008
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2007.192 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Mini-Update
Ausserhalb des Spitals erworbene Pneumonien können meistens ambulant behandelt werden.
Was stand zu diesem Thema in der pharma-kritik?
Eine Übersicht zu den Pneumonien in der Praxis wurde in dieser Zeitschrift letztmals 1992 veröffentlicht. Schon da-mals lautete die Schlussfolgerung, die Behandlung müsse möglichst die häufigsten Erreger – die Pneumokokken – antibiotisch abdecken und könne in der Regel ohne Erregernachweis begonnen werden.(1)
Eine neue unabhängige Übersicht zum Thema
Im Juli 2007 erschien im «Medical Letter on Drugs and Therapeutics» eine Übersicht zu den ausserhalb des Spitals erworbenen Pneumonien;(2) diese Übersicht beruht zum Teil auf neuen amerikanischen Leitlinien.(3)
Bei anderweitig gesunden Personen bis zum Alter von 50 Jahren ist Mycoplasma pneumoniae der häufigste Erreger; bei älteren Kranken oder solchen mit Begleiterkrankungen sind Pneumokokken die häufigste Ursache. Haemophilus pneumoniae wird besonders bei Personen mit einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit beobachtet; wichtige atypische Pathogene sind neben den Mykoplasmen Chlamydophila pneumoniae (früher: Chlamydia pneumoniae) und Influenza-Viren. Bei Personen, die wegen der Pneumonie spitalbedürftig werden, sind manchmal andere Erreger (Staphylococcus aureus, Moraxellen, Klebsiellen, Anaerobier und Legionellen) von Bedeutung.
In der Praxis soll für die empirische Therapie bei jüngeren Leuten (bis zu 50) ein Makrolid wie Azithromycin (Zithromax® u.a.) oder Clarithromycin (Klacid® u.a.) oder Doxycyclin (Vibramycin® u.a.) verwendet werden. Bei Personen über 65, bei Begleiterkrankungen und wenn jemand in den vorausgehenden 3 Monaten bereits antibiotisch behandelt worden ist, besteht ein erhöhtes Risiko einer Infektion mit resistenten Pneumokokken. In diesen Fällen soll ein Chinolon mit guter AntiPneumokokken-Aktivität (z.B. Levofloxacin = Tavanic®) oder ein Betalaktam-Antibiotikum wie Amoxicillin (Clamoxyl® u.a.) oder Cefuroxim (Zinat® u.a.) mit einem Makrolid zusammen verordnet werden. In den USA sind weniger als 1% aller Pneumokokken-Isolate auf Fluorochinolone resistent, wobei aber in grösseren Städten mehr Resistenzen beobachtet werden.
Bei Personen, die hospitalisiert werden müssen (siehe Referenz 1), soll die Behandlung empirisch mit einem Betalaktam intravenös und einem Makrolid begonnen werden. Als Alternative kommt ein Fluorochinolon mit guter Aktivität gegen S. pneumoniae in Frage. Selbstverständlich soll resistenzgerecht behandelt werden, sobald Resultate von Kulturen vorliegen. In schweren Fällen – bei Personen, die in der Intensivstation behandelt werden – wird die Kombination eines Betalaktams intravenös mit einem Fluorochinolon oder Azithromycin empfohlen. (Im Gegensatz zu den USA ist in der Schweiz von Azithromycin kein Präparat zur parenteralen Verabreichung im Markt.) Bei Verdacht auf eine Infektion mit Pseudomonas aeruginosa kann z.B. Piperacillin/Tazobactam (Tazobac® u.a.) in Kombination mit einem Fluorochinolon verwendet werden.
Bei der Behandlung einer durch Penicillin-resistente Pneumokokken verursachten Pneumonie soll ein Cephalosporin wie Ceftriaxon (Rocephin® u.a.) oder ein Fluorochinolon verwendet werden. Methicillin-resistente Staphylokokken sind in der ambulanten Praxis selten; bei sehr schweren Fällen sollte man aber besonders während der Grippesaison an diese Möglichkeit denken und entsprechend – mit Vancomycin (Vancocin® u.a.) oder Linezolid (Zyvoxid®) – behandeln.
Schlussfolgerungen
Gegenüber unserem früheren Text haben sich in Bezug auf das Erregerspektrum keine grossen Veränderungen ergeben. Was die empirische Therapie anbelangt, wird deutlicher als früher zwischen jüngeren und älteren Kranken unterschieden. Auch werden ältere Medikamente wie Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V) nicht mehr und Erythromycin nicht mehr als erste Wahl erwähnt. Die Bedeutung der Chinolone hat dagegen zugenommen. Bei Jüngeren können Makrolide als Mittel der Wahl gelten, bei Älteren soll das Makrolid mit einem Betalaktam wie Amoxicillin kombiniert werden oder eine Monotherapie mit einem Fluorochinolon (z.B. Levofloxacin) durchgeführt werden
Minidossier
Zu diesem Thema haben wir im Internet ein kleines Dossier zusammengestellt: www.infomed.org/minidossier/pneumonie.html
Literatur
- 1) Ritzmann P. pharma-kritik 1992; 14: 5-8
- 2) Anon. Med Lett Drugs Ther 2007; 49: 62-4
- 3) Mandell LA et al. Clin Infect Dis 2007; 44 (Suppl 2): S27-72
Standpunkte und Meinungen
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