Monoklonale Antikörper
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 29
, Nummer 7, PK179
Redaktionsschluss: 26. September 2007
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2007.179 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Mini-Übersicht
Im britischen «Drug and Therapeutics Bulletin» findet sich im Juliheft dieses Jahres eine kurze allgemeine Übersicht zu Medikamenten, die monoklonale Antikörper sind.1 Da solche Arzneimittel auch in der Schweiz immer zahlreicher werden, fassen wir hier die wichtigsten Punkte aus dem erwähnten Text zusammen. Ergänzend offerieren wir in unserem Minidossier im Web verschiedene Links zum Thema.
Antikörper: Struktur
Antikörper (Immunglobuline) bestehen aus bis zu vier Aminosäurenketten. Sie enthalten zwei eindeutig definierte Abschnitte: die konstante Region (sogen. Fc-Domäne) und die variable Region (Fab-Domäne, Fragment-Antigen-bindende Region). In der konstanten Region ist die Aminosäurensequenz jeweils innerhalb einer Antikörper-Kategorie (IgA, IgD usw.) identisch; sie bestimmt, was der Antikörper auslöst (z.B. die Aktivierung der Komplement-Kaskade). Die variable Region ist der Antikörper-Anteil, der sich an das Antigen bindet. Spezifische Aminosäurensequenzen – sogenannte Komplementaritäts-bestimmende Regionen – sind dafür verantwortlich, dass der Antikörper spezifische Antigen-Determinanten erkennt. Ein Antigen- Molekül kann mehrere (unterschiedliche) Determinanten enthalten und deshalb zur Bildung verschiedener Antikörper- Moleküle führen, die jeweils von verschiedenen B-Lymphozyten gebildet werden.
Monoklonale Antikörper
Monoklonale Antikörper werden von einem einzigen BLymphozyten- Klon gebildet. Deshalb sind diese Antikörper- Moleküle völlig identisch und binden sich an dieselbe Determinantenstelle am Antigen. Für die Anwendung als Medikamente kann man spezifische monoklonale Antikörper herstellen, die sich an bestimmte Stellen an einem Antigen («Ziel») binden und so die erwünschte immunologische Reaktion auslösen. Für Trastuzumab (Herceptin®) ist z.B. das spezifische Ziel der «human epidermal growth factor receptor 2» (HER2), der von gewissen Brustkrebszellen überexprimiert wird. Andere monoklonale Antikörper richten sich gegen andere Ziele. Wahrscheinlich spielen neben der Interaktion mit dem Ziel am Antigen auch nicht-spezifische, insbesondere zytotoxische Wirkungen eine Rolle.
Herstellung
Die ersten monoklonalen Antikörper wurden in 1970-er Jahren mit Mäuse-B-Lymphozyten, die mit Mäusemyelomzellen fusioniert waren, produziert.2 Es gibt auch heute noch rein «murine» monoklonale Antikörper; in der Schweiz sind Ibritumomab (Zevalin®) und Muromonab-CD3 (Orthoclone OKT®3) erhältlich. Gegen therapeutische Antikörper rein muriner Herkunft sprechen verschiedene Argumente: sie sind nicht immer zuverlässig wirksam, haben eine relativ kurze Halbwertszeit und können zur Entwicklung von humanen Antimaus- Antikörpern führen.
Bei chimärischen monoklonalen Antikörpern wird die variable Region des murinen Antikörpers mit der konstanten Region eines menschlichen Antikörpers kombiniert. Diese Zusammensetzung findet sich bei mehreren Medikamenten; wichtige Beispiele sind Infliximab (Remicade®), Rituximab (MabThera®).
«Humanisierte» monoklonale Antikörper enthalten innerhalb der variablen Region humanen Ursprungs die Komplementaritäts- bestimmenden Sequenzen aus dem Mäuseantikörper. Viele der neueren Medikamente sind solche humanisierte monoklonale Antikörper, z.B. Efalizumab (Raptiva®), Omalizumab (Xolair®), Trastuzumab (Herceptin®).
Monoklonale Antikörper mit vollständig humaner Struktur sind schwieriger herzustellen als chimärische oder humanisierte. Adalimumab (Humira®) und Panitumumab (Vectibix®, bisher in der Schweiz nicht zugelassen) sind vorläufig die einzigen Beispiele. Schliesslich gibt es Medikamente, die nur aus dem Fab-Fragment eines monoklonalen Antikörpers bestehen, wie Abciximab (ReoPro®) und Ranibizumab (Lucentis®).
Namen
Die generischen Namen der monoklonalen Antikörper werden unter Verwendung bestimmter Wort-Bausteine («sub-stems») bezeichnet, die es erlauben, die Herstellung und den therapeutischen Bereich der Medikamente zu identifizieren. Allgemein enden alle Namen auf -mab («monoclonal antibody»). Die weiteren Merkmale sind in der Tabelle 1 zusammengestellt. In Bezug auf den therapeutischen Bereich ist die Bezeichnung allerdings nicht immer zutreffend, da es vorkommen kann, dass eine für ein bestimmtes Gebiet (z.B. Herz-Kreislauf) vorgesehene Substanz später in anderen Bereichen (z.B. Krebsbehandlung) verwendet wird (und natürlich nicht mehr umbenannt werden kann).
Schlussfolgerungen
Der generische Name von Medikamenten, die aus monoklonalen Antikörpern bestehen, erlaubt Schlüsse auf ihre Zusammensetzung und oft auch auf ihr Anwendungsgebiet.
Zusammengestellt und ergänzt von E. Gysling
Literatur
- 1) Anon. Drug Ther Bull 2007; 45: 55-6
- 2) Köhler G, Milstein C. Nature 1975; 256: 495-7 (Reproduktion des Volltexts in: J Immunol 2005; 174: 2453-5)
Standpunkte und Meinungen
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