Eplerenon

Eplerenon (Inspra®), ein Aldosteronantagonist, wurde zur Behandlung bestimmter Fälle von Herzinsuffizienz nach einem Herzinfarkt zugelassen.

Chemie/Pharmakologie

Die aldosteronähnliche Steroidstruktur von Eplerenon leitet sich von derjenigen von Spironolacton (Aldactone® u.a.) ab. Wie dieses bindet sich Eplerenon an Mineralokortikoid- Rezeptoren und vermag so die Bindung von Aldosteron zu verhindern. Aldosteron führt zum Blutdruckanstieg, indem es die renale Natrium-Rückresorption und möglicherweise noch andere vasopressorische Mechanismen induziert. Aldosteronantagonisten wirken als kaliumsparende Diuretika und senken den Blutdruck. Eplerenon wird als selektiver Aldosteronantagonist bezeichnet, da es sich vergleichsweise weniger an Glukokortikoid-, Gestagen- und Androgen-Rezeptoren bindet.

Es ist nicht geklärt, welche Wirkungsmechanismen für die Auswirkungen der Aldosteronantagonisten bei Herzinsuffizienz von massgebender Bedeutung sind. In verschiedenen Tierversuchen fand sich eine vorteilhafte Wirkung von Eplerenon auf die bei Herzinsuffizienz beobachteten Strukturveränderungen («remodeling») des linken Ventrikels.(1,2) Wie Spironolacton reduziert Eplerenon die Plasmawerte natriuretischer Peptide.(3)

Pharmakokinetik

Die folgenden Daten zur Pharmakokinetik wurden überwiegend in Studien gewonnen, in denen Freiwillige Einzeldosen von 100 mg Eplerenon erhielten: Nach oraler Einnahme wird Eplerenon rasch resorbiert; maximale Plasmaspiegel werden durchschnittlich nach 1½ Stunden erreicht. Die Bioverfügbarkeit beträgt ungefähr 67%. Das Medikament wird unter der Einwirkung des Zytochrom-Isoenzyms CYP3A4 in inaktive Metaboliten verwandelt. Seine Plasmahalbwertszeit beträgt 4 bis 6 Stunden; die Metaboliten werden zu zwei Dritteln mit dem Urin und zu einem Drittel mit dem Stuhl ausgeschieden.(4) CYP3A4-Hemmer führen zum Anstieg der Eplerenon- Plasmaspiegel. Das Medikament selbst beeinflusst die Zytochrome nach bisherigem Wissen nicht.

Bei Personen über 65 sowie bei solchen mit mässig eingeschränkter Leberfunktion oder reduzierter Nierenfunktion wurden um 20 bis 40% erhöhte Plasmaspiegel beobachtet.(3)

Klinische Studien

In europäischen Ländern ist Eplerenon bisher ausschliesslich bei Personen zugelassen, die kurz vor Behandlungsbeginn einen Herzinfarkt erlitten haben, eine eingeschränkte linksventrikuläre Auswurfrate (max. 40%) und klinische Symptome einer Herzinsuffizienz aufweisen und zudem bereits eine übliche «Standardtherapie» – inklusive Betablocker – erhalten. In den USA kann das Medikament auch als Antihypertensivum eingesetzt werden.

Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt

Bei Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt wurde Eplerenon in einer grossen Studie («Eplerenone Post-Acute Myocardial Infarction Heart Failure Efficacy and Survival Study», EPHESUS) untersucht. Diese multizentrische Doppelblindstudie umfasste 6632 Personen, die im Zeitraum von 3 bis 14 Tagen vor Studienbeginn einen Herzinfarkt erlitten hatten und die trotz einer als optimal bezeichneten Therapie eine systolische Dysfunktion des linken Ventrikels (Auswurfrate Q40%) aufwiesen. Rund 90% der Teilnehmenden hatten klinische Symptome einer Herzinsuffizienz. Die übrigen 10% waren Diabeteskranke ohne solche Symptome; gesamthaft hatte etwa ein Drittel aller Teilnehmenden einen Diabetes.

3319 Personen erhielten Eplerenon (initial 25 mg/Tag, bei guter Verträglichkeit nach 4 Wochen auf 50 mg/Tag gesteigert), 3313 Personen erhielten Placebo. Die wichtigsten übrigen Medikamente waren ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptorantagonisten (bei 86%), Betablocker (bei 75%), Diuretika (bei 60%) und Statine (bei 47%). Zwei primäre Endpunkte Studie waren definiert: einerseits die Gesamtmortalität, anderseits die Kombination von kardiovaskulärer Mortalität einer ersten Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz, Infarktrezidiv, Schlaganfall oder Kammerarrhythmie. Durchschnittlich dauerte die Studie 16 Monate; sie wurde so lange weitergeführt, bis insgesamt 1012 Personen gestorben waren.

Beide primären Endpunkte wurden von Eplerenon signifikant beeinflusst: die Gesamtmortalität betrug 14,4% (n = 478; unter Placebo 16,7%, n = 554), die oben definierte Kombination von kardiovaskulärer Mortalität und Spitalbedürftigkeit 26,7% (unter Placebo 30,0%). Unter Eplerenon waren 162 Fälle von plötzlichem Herztod zu beobachten, unter Placebo dagegen 201 Fälle.(5)

Gemäss einer zusätzlichen Analyse der EPHESUS-Studie senkte Eplerenon in einer Dosis von 25 mg/Tag das Sterberisiko innerhalb der ersten 30 Behandlungstage signifikant (Gesamtmortalität von 3,2% gegenüber 4,6% unter Placebo). Unter Eplerenon war das relative Risiko eines plötzlichen Herztodes in diesem Zeitraum um 37% kleiner als unter Placebo.(6)

Arterielle Hypertonie

Eplerenon ist in verschiedenen Studien mit anderen Antihypertensiva verglichen worden. Dabei erwies sich das Medikament in Tagesdosen zwischen 50 und 200 mg als ähnlich wirksam wie Enalapril (Reniten® u.a.), Losartan (Cosaar®) und Amlodipin (Norvasc® u.a.) in üblichen Dosen.(7-9) Auch die Kombination von Eplerenon z.B. mit ACE-Hemmern oder Angiotensin- Rezeptorblockern ist möglich.

Das Medikament ist jedoch, wie bereits erwähnt, in Europa als Antihypertensivum nicht zugelassen.

Unerwünschte Wirkungen

Eine Hyperkaliämie ist das wichtigste Problem, das infolge einer Behandlung mit Aldosteronantagonisten auftreten kann. Selbst unter den sorgfältig kontrollierten Bedingungen der EPHESUS- Studie trat bei 5,5% der aktiv Behandelten eine gefährliche Hyperkaliämie (Werte von 6,0 mmol/l oder höher) auf, signifikant häufiger als unter Placebo.5 In der Praxis dürften Hyperkaliämien noch häufiger vorkommen. Dabei kommen z.B. andere Medikamente wie ACE-Hemmer, ein Diabetes mellitus sowie eine eingeschränkte Nierenfunktion als mitverursachende Faktoren in Frage. Bei Eplerenon können auch CYP3A4-Hemmer, die zu höheren Plasmaspiegeln führen, eine Rolle spielen.

In der EPHESUS-Studie wurden ferner unter Eplerenon mehr gastro-intestinale Symptome (Durchfall, Brechreiz) als unter Placebo beobachtet. Bei Personen im Alter von 75 und mehr Jahren traten in der Eplerenon-Gruppe mehr Schlaganfälle als in der Placebo-Gruppe auf (nicht-signifikant). Dank der Selektivität von Eplerenon sind endokrine Nebenwirkungen (Gynäkomastie, erektile Dysfunktion, Menstruationsstörungen) selten.

Interaktionen

Die gleichzeitige Verabreichung von anderen Medikamenten, die ebenfalls zum Anstieg des Kaliumspiegels führen (kaliumsparende Diuretika, Trimethoprim [in Bactrim® u.a.], Kaliumpräparate) sollte vermieden werden. Zu Vorsicht ist auch bei gleichzeitiger Verabreichung von ACE-Hemmern zu raten.

Auf die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4-Hemmern wie z.B. Itraconazol (Sporanox®), Clarithromycin (Klacid® u.a.) oder Ritonavir (Norvir®) ist zu verzichten. Eine zurückhaltende Dosierung von Eplerenon ist selbstverständlich auch bei zahlreichen weiteren CYP3A4-Hemmern angezeigt – dies gilt z.B. auch für Amiodaron (Cordarone® u.a.) und Verapamil (Isoptin® u.a.).

CYP3A4-Induktoren (z.B. Johanniskraut) führen zu einer Abnahme der Plasmaspiegel und der Wirkung von Eplerenon und werden deshalb ebenfalls besser vermieden.

Ungünstige Interaktionen sind noch mit anderen Medikamenten – z.B. Antihypertensiva, nicht-steroidalen Entzündungshemmern, Digoxin, Lithium, Ciclosporin (Sandimmun® u.a.) – denkbar. Allgemein sind wahrscheinlich Personen mit einer reduzierten Nierenfunktion und Diabeteskranke mit Albuminurie bezüglich Interaktionen stärker gefährdet.

Vergleich mit Spironolacton

Studien, in denen Eplerenon mit Spironolacton verglichen worden wäre, liegen nicht vor. Gemäss einer Studie, in der Spironolacton bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz mit Placebo verglichen wurde («RALES»), hat jedoch Spironolacton eine ähnliche kardioprotektive Wirkung wie Eplerenon.(10)

Das Hyperkaliämie-Risiko der beiden Substanzen unterscheidet sich kaum. Spironolacton hat gegenüber Eplerenon den Nachteil, häufiger endokrine Nebenwirkungen (bes. eine Gynäkomastie) zu verursachen. Eplerenon dagegen ist wegen seines CYP3A4-abhängigen Metabolismus mit einem deutlich höheren Interaktionsrisiko verbunden. Spironolacton hat (mit den aktiven Metaboliten zusammen) die längere Halbwertszeit als Eplerenon.

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Eplerenon (Inspra®) ist in der Schweiz als Tabletten zu 25 und 50 mg erhältlich und limitiert kassenzulässig. Eine Behandlung von Kranken, auf die die beschriebenen Kriterien zutreffen, soll mit 25 mg täglich begonnen werden und kann dann innerhalb von 4 Wochen auf eine Dosis von 50 mg/Tag gesteigert werden. Besondere Beachtung muss den Kaliumwerten geschenkt werden; regelmässige Kontrollen (mindestens vor und dann nach 1 Woche und nach 1 Monat Behandlung) sind notwendig. Beträgt der Kaliumspiegel vor der Behandlung mehr als 5,0 mmol/l, so verbietet sich eine Eplerenon-Therapie. Bei Kaliumwerten über 5,5 mmol/l unter der Therapie muss die Dosis reduziert werden, bei Werten ab 6,0 mmol/l ist Eplerenon mindestens vorübergehend abzusetzen. Bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion sind die Kaliumwerte besonders sorgfältig zu überwachen.

Mangels entsprechender Dokumentation soll Eplerenon bei Kindern und Jugendlichen sowie bei schwangeren und stillenden Frauen nicht verwendet werden. Die Behandlung mit Eplerenon (25 oder 50 mg/Tag) kostet fast 110 Franken monatlich. Spironolacton (Aldactone®) in einer Tagesdosis von 25 mg kostet knapp 20 Franken pro Monat.

Kommentar

Trotz der grossen EPHESUS-Studie ist noch einiges zu Eplerenon unklar. Insbesondere sollten wir wissen, ob sich mit Spironolacton nicht ebenso viel oder mehr erreichen lässt. In Anbetracht des deutlich höheren Interaktionspotentials von Eplerenon bereitet in der Praxis auch das Hyperkaliämie-Risiko Sorgen. Die aktuell sehr eng formulierte Indikation von Eplerenon sollte deshalb sicher strikt eingehalten werden.

Standpunkte und Meinungen

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Eplerenon (27. Juni 2006)
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pharma-kritik, 27/No. 16
PK138
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