Externe Validität
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 42
, Nummer 3, PK1116
Redaktionsschluss: 12. Oktober 2020 - PDF-Download der Printversion dieses Artikels
Wer sich mit der externen Validität einer Studie (oder auch einer Meta-Analyse) befasst, stellt die Frage: Gilt die Schlussfolgerung dieser Studie auch für die Patientinnen und Patienten in meiner Praxis? Oder mit anderen Worten: Gleichen die Eigenschaften der Teilnehmenden bei dieser Studie (bzw. bei diesen Studien) in genügendem Ausmass denjenigen Personen, die ich zu betreuen habe? Ich bin überzeugt, dass wir (auch ich) uns diese Fragen viel zu selten stellen. Nicht genug damit: es ist ein Aspekt, der meistens auch in hoch angesehenen Datenquellen wie der Cochrane Library zu wenig beachtet wird.
Wenn man den Text zu «Start und Zielen der Blutdrucktherapie» in dieser Nummer genau durchliest, so sieht man, dass es sich bei der externen Validität keineswegs um eine Selbstverständlichkeit handelt. Bei mehreren Studien, in denen klar praxisrelevante Fragen untersucht wurden, bestehen Zweifel, ob sie sich auf die Praxis übertragen lassen. So erfolgte z.B. die «SPRINT»-Studie («Lohnt es sich, die antihypertensive Therapie zu intensivieren?») unter praxisfremden Bedingungen bei der Blutdruckmessung. Es gibt aber bei Studien ausserdem viele Aufnahme- und Ausschlusskriterien, die eine direkte Übertragung auf unsere Praxis fragwürdig machen. Die frühen Statin-Studien sind dafür ein quasi «klassisches» Beispiel, da sie bewusst in Populationen durchgeführt wurden, die sich durch eine hohe Prävalenz kardiovaskulärer Probleme auszeichneten. Resultate, die in solchen Studien gewonnen werden, sind nicht falsch – nur würden sie unter anderen Bedingungen wahrscheinlich weniger eindrucksvoll aussehen. Dies sind aber Überlegungen, die uns in Fortbildungs-Veranstaltungen kaum mitgeteilt werden.
Der deutsche «Arzneimittelbrief» hat sich verdienstvollerweise mit der externen Validität befasst und untersucht, ob sich international gewonnene Daten auf mitteleuropäische Verhältnisse übertragen lassen.1 Er kommt dabei zum Schluss, dass sich vorteilhaft aussehende Resultate oft nur gewinnen lassen, wenn Studien überwiegend in «geeigneten» Ländern durchgeführt und «geschickt» ausgewählte kombinierte Endpunkte geprüft werden. Anhand von mehreren konkreten Beispielen wird gezeigt, dass Studien trotz genauen Protokollen in verschiedenen Ländern nicht einheitlich durchgeführt werden und teilweise regional recht unterschiedliche Ergebnisse erbringen. Nicht selten wird unerwünschten Wirkungen zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt oder «interessanten», aber weniger aussagekräftigen sekundären Endpunkten ein ungebührliches Gewicht gegeben. Eine sehr ernüchternde Lektüre.
Literatur
- 1) Anon. Arzneimittelbrief 2020 (September); 54: 69-72
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