Finasterid: geringer Nutzen in der Krebsprophylaxe

  • r -- Thompson IM, Goodman PJ, Tangen CM et al. The influence of finasteride on the development of prostate cancer. N Engl J Med 2003 (17. Juli); 349: 215-24 [Link]
  • Kommentar: Daniel K. Ackermann
  • infomed screen Jahrgang 7 (2003) , Nummer 10
    Publikationsdatum: 1. Oktober 2003
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Studienziele

Die Entwicklung eines Prostatakarzinoms wird durch Androgene beeinflusst, wobei Dihydrotestosteron, das unter der Wirkung des Enzyms 5-alpha-Reduktase aus Testosteron entsteht, das wichtigste ist. In dieser Studie wurde untersucht, ob Finasterid (Proscar®), ein 5-alpha-Reduktasehemmer, das Prostatakarzinom-Risiko zu senken vermag.

Methoden

In diese Studie wurden Männer im Alter von mindestens 55 Jahren aufgenommen, bei denen die Rektaluntersuchung der Prostata normal war und die Konzentration des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) unter 3,0 ng/ml lag. Nach dem Zufallsprinzip nahmen sie 7 Jahre lang entweder Finasterid (5 mg
täglich) oder Placebo ein. Jährlich fand eine Kontrolle statt: falls sich bei der Rektaluntersuchung ein auffälliger Befund ergab, wurde eine Biopsie angeordnet; dasselbe galt bei einem PSA-Spiegel über 4,0 ng/ml (weil Finasterid den PSA-Spiegel senkt, wurde in dieser Gruppe ein Korrekturfaktor angewendet). Allen Männern bot man am Studienende eine Biopsie an, falls nicht bereits ein Prostatakarzinom diagnostiziert worden war. .

Ergebnisse

Es wurden die Daten von 9'060 Männern ausgewertet. In der Finasterid-Gruppe wurde bei 18% ein Prostatakarzinom festgestellt, in der Placebo-Gruppe bei 24%. Die Zahl der Biopsien unterschied sich in den beiden Gruppen nicht signifikant. Die meisten Tumoren befanden sich in einem frühen Stadium (T1 oder T2). Es fiel jedoch auf, dass der Anteil der undifferenzierten Karzinome mit einem Gleason-Score von 7 bis 10 in der Finasterid-Gruppe mit 37% signifikant höher war als in der Placebo-Gruppe mit 22%. Nebenwirkungen, die unter Finasterid häufiger auftraten, waren verminderte Ejakulatvolumina, erektile Dysfunktion, Libidoabnahme und Gynäkomastie; Männer in der Placebo-Gruppe klagten dagegen häufiger über Symptome einer Prostatahyperplasie.

Schlussfolgerungen

Gesamthaft wurden unter Finasterid weniger Prostatakarzinome diagnostiziert, es handelte sich aber häufiger um undifferenzierte Tumoren, die prognostisch weniger günstig sind. Zudem hat eine Finasterid-Einnahme den Nachteil vermehrter sexueller Nebenwirkungen.

Auf den ersten Blick ist die 25%ige Reduktion der Prostatakarzinom-Inzidenz durch Finasterid beeindruckend. Diese Reduktion scheint auch klinisch relevant, wenn man die Daten bei einer Krebsinzidenz von 24% in der Placebo-Gruppe und 18% in der Finasterid- Gruppe auf das Gesamtkollektiv bezieht. Störend ist die höhere Rate an schlecht differenzierten Prostatakarzinomen in der Finasterid-Gruppe (37% gegenüber 22% aller Tumoren), bezogen auf das Gesamtkollektiv sind in der Finasterid-Gruppe aber nur 6% und in der Placebo-Gruppe 5% schlecht differenziert. Die Bedeutung dieses Unterschieds darf hinterfragt werden, zumal die Prognose dieser Tumoren unter Finasterid unklar ist. Bevor die Auswirkung dieser Verschiebung des Tumorgrades nicht geklärt ist, sollte die Chemoprophylaxe mit Finasterid nicht generell empfohlen werden.

Daniel K. Ackermann

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Finasterid: geringer Nutzen in der Krebsprophylaxe ( 2003)