Diltiazem als Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt

  • r -- Boden WE, van Gilst WH, Scheldewaert RG et al. Diltiazem in acute myocardial infarction treated with thrombolytic agents: a randomised placebo-controlled trial. Lancet 2000 (20. Mai); 355: 1751-6 [Link]
  • Kommentar: Michel Zuber
  • infomed screen Jahrgang 4 (2000) , Nummer 7
    Publikationsdatum: 1. August 2000
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Studienziele

Nach einem Myokardinfarkt treten oft erneute Ischämien auf. Mit den meisten Kalziumantagonisten konnte, obwohl sie antiischämisch wirken, bislang kein sekundärpräventiver Effekt dokumentiert werden. Diltiazem (Dilzem® u.a.) hat im Unterschied zu Dihydropyridin-Kalziumantagonisten eine bradykarde Wirkung und hilft als Sekundärprävention bei nicht-transmuralen Infarkten («Non-Q-Wave-Infarkten»). In der mit dem Akronym INTERCEPT bezeichneten Studie («Incomplete Infarction Trial of European Research Collaborators Evaluating Prognosis post-Thrombolysis») wurde geprüft, ob dieser schützende Effekt auch nach einer Thrombolyse vorhanden ist.

Methoden

In die Studie wurden – 36 bis 96 Stunden nach Auftreten von Infarktsymptomen – Frauen und Männer bis zum Alter von 75 Jahren einbezogen, die einen elektrokardiographisch und enzymatisch bestätigten Myokardinfarkt erlitten hatten und mit einer Thrombolyse behandelt worden waren. 874 Personen erhielten doppelblind entweder Diltiazem (1mal 300 mg/Tag) oder Placebo, wobei als Behandlungsdauer 6 Monate vorgesehen waren. Allen wurde zudem Acetylsalicylsäure verschrieben; andere Mittel wie zum Beispiel Betablocker oder ACE-Hemmer wurden nur eingesetzt, falls eine entsprechende Indikation vorlag.

Ergebnisse

In der Beobachtungszeit trat ein kardial bedingter Tod, ein Myokardinfarkt oder eine therapierefraktäre Ischämie in der Diltiazem-Gruppe bei 97 Personen auf, in der Placebo-Gruppe bei 131 Personen (kein signifikanter Unterschied). An diesem Ergebnis änderte sich nichts, wenn die leichteren Fälle einer rezidivierenden Ischämie auch miteinbezogen wurden. Wurden allein die nicht-tödlichen Ereignisse gezählt, ergab sich eine grenzwertig signifikante Überlegenheit von Diltiazem (p=0,05). Der einzige signifikante Unterschied betraf die Anzahl von Koronarangioplastien und Bypassoperationen, die in der Diltiazem-Gruppe niedriger war. Unter Diltiazem beobachtete man mehr Bradyarrhythmien und gastrointestinale Beschwerden als unter Placebo.

Schlussfolgerungen

Diltiazem vermag nach einem Myokardinfarkt, bei dem eine Thrombolyse stattgefunden hat, die kardiale Mortalität nicht zu senken, verfügt aber möglicherweise über eine schützende Wirkung gegenüber nicht-tödlichen kardialen Ereignissen. Offenbar wird durch Diltiazem auch das Risiko gesenkt, dass ein revaskularisierender Eingriff nötig ist. Zudem liefert diese Studie keine Hinweise, dass durch den Einsatz von Diltiazem nach einer Thrombolyse negative Folgen zu erwarten sind.

Täglich 300 mg Diltiazem scheint die Ereignisrate nach nicht-transmuralem Infarkt nach Lyse zu senken, wobei der genaue Wirkmechanismus noch nicht geklärt ist. Damit bietet sich Diltiazem zusätzlich zur Acetylsalicylsäure in der Sekundärprophylaxe bei diesen Betroffenen an, zumal der Nutzen der Betablocker bei dieser Personengruppe noch offen ist. Ein Problem bleibt die Dosierung, da es diese bei uns so nicht gibt. Zudem muss beachtet werden, dass Personen mit Herzinsuffizienz ausgeschlossen wurden und dass es sich bei einer Mortalität von 1,5% um eine selektionierte Gruppe mit guter Prognose gehandelt hat.

Michel Zuber

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Diltiazem als Sekundärprophylaxe nach Herzinfarkt ( 2000)