Höheres Risiko für Prothesen-Revision bei jüngeren Männern

  • k -- Bayliss LE, Culliford D, Monk AP et al. The effect of patient age at intervention on risk of implant revision after total replacement of the hip or knee: a population-based cohort study. Lancet 2017 (8. April); 389: 1424-30 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Gnädinger
  • Kommentar: André Gächter
  • infomed screen Jahrgang 21 (2017) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 13. Juni 2017
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Methoden

Anhand einer britischen Forschungsdatenbank, welche die medizinischen Daten von rund 6,5 Millionen Menschen aus 433 englischen Grundversorgungspraxen umfasst, wurden alle Personen identifiziert, die von 1991 bis 2011 einen Hüft- oder Kniegelenktotalersatz erhalten hatten und dabei mindestens 50 Jahre alt gewesen waren. Die so gebildete Kohorte wurde in Hinblick auf Prothesenrevisionen nachbeobachtet. Anhand von Sterbedaten und mathematischen Modellen wurde daraufhin das «Lebenszeitrisiko» für einen Prothesenwechsel berechnet, d.h. das Risiko, sich in der verbleibenden Lebenszeit einer Prothesenrevision unterziehen zu müssen.

Ergebnisse

63'158 Personen nach primärem Hüftgelenk- und 54'276 Personen nach Kniegelenkersatz wurden über eine mittlere Dauer von etwa 5,5 Jahren beobachtet. Zum Zeitpunkt des Gelenkersatzes waren die Betroffenen im Durchschnitt knapp 70 Jahre alt. Für beide Lokalisationen betrug der Anteil von Frauen etwa 60%. Das Hüftprothesen-Überleben betrug nach 10 Jahren 96% und nach 20 Jahren 85%; bei Knieprothesen waren es 96% und 90%. Bei Personen, die im Alter von mindestens 70 Jahren operiert worden waren, lag das geschätzte Lebenszeitrisiko für einen Prothesenwechsel bei rund 5%. Demgegenüber stieg dieses bei Erstoperation in jüngerem Alter und insbesondere bei Männern an und erreichte bei den 50 bis 54-jährigen Männern 30 bis 35%. Die mittlere Zeit bis zur Revisionsoperation betrug 6,6 Jahre bei Hüft- und 4,6 Jahre bei Kniegelenkprothesen.

Schlussfolgerungen

Die Studienverantwortlichen halten das geschätzte Lebenszeitrisiko einer Prothesenrevision für ein besseres Mass als das üblicherweise untersuchte 10-Jahres-Überleben einer Prothese. Die Tatsache, dass etwa ein Drittel der jüngeren Prothesenempfänger sich irgendwann einer Prothesenrevision unterziehen muss, sollte aus ihrer Sicht in die Beratung der Betroffenen über den optimalen Operationszeitpunkt mit einfliessen.

Zusammengefasst von Markus Gnädinger

Diese Studie bestätigt, was aus Erfahrung bereits bekannt ist. Beispielsweise eine vergleichbare Überlebensrate von Hüft- und Knieprothesen nach 10 und 20 Jahren. Es liegt auf der Hand, dass jüngere Personen ihre Kunstgelenke deutlich mehr strapazieren als 90-jährige; häufig möchte die jüngere Population auch wieder Sport treiben wie zuvor. Damit ist die höhere Revisionsrate in dieser Gruppe erklärt. Bei jüngeren Personen ist die Arthrose zudem häufiger unfallbedingt, was die Prothesen-Verankerung im traumatisierten Knochen erschweren kann. Es zeigt sich auch, dass nach einer Revision die Lebensqualität zwar eingeschränkt, aber durchaus akzeptabel sein kann. Damit sollte klar sein, dass es keine obere Altersgrenze für die (vernünftig indizierte) Prothetik geben darf. Denn die Gesamtkosten einer konservativen Behandlung, z.B. nach Schenkelhalsfraktur oder bei invalidisierenden Arthrosen sind nachgewiesenermassen unvergleichlich grösser. 

André Gächter

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infomed-screen 21 -- No. 3
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Höheres Risiko für Prothesen-Revision bei jüngeren Männern ( 2017)