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«Informierte Entscheidung» - ein kaum erreichbares Ziel?
- r -- Hersch J, Barratt A, Jansen J et al. Use of a decision aid including information on overdetection to support informed choice about breast cancer screening: a randomised controlled trial. Lancet 2015 (25. April); 385: 1642-52 [Link]
- Zusammenfassung: Alexandra Röllin
- infomed screen Jahrgang 19 (2015)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 15. Juni 2015 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Mit einem Mammographie-Screening kann zwar die Sterblichkeit an Brustkrebs in geringem Masse gesenkt werden, es birgt aber auch die Gefahr von Überdiagnose und -therapie. Somit besteht die Möglichkeit, dass ein Krebs entdeckt und behandelt wird, der während der Lebenszeit der betroffenen Frau gar nie zu einem Problem geworden wäre. Wie soll man den Frauen diese komplexen Zusammenhänge erklären, damit sie eine wahrlich «informierte Entscheidung» treffen können? In der vorliegenden Studie aus Australien wurden zwei Aufklärungsbroschüren zum Mammographie-Screening miteinander vergleichen. Die untersuchte Intervention bestand aus einer Broschüre, welche mit Text und Grafiken in Form von sogenannten «icon arrays» (vgl. infomed-screen November/Dezember 2014) über den Nutzen der Mammographie, die Möglichkeit von falsch positiven Befunden, sowie über das Risiko von Überdiagnose und -therapie informierte. Als Kontrolle diente eine Broschüre, die sich allein dadurch unterschied, dass die Informationen zu Überdiagnose und -therapie fehlten. Es interessierte hauptsächlich, wieviele der Frauen in der Lage waren, eine «informierte Entscheidung» zu treffen. Der Entscheid der Frau galt dann als «informiert», wenn sie zum einen über genügend korrektes Wissen zum Brustkrebs-Screening verfügte und zum anderen ihre Absicht hinsichtlich Screening mit ihrer Beurteilung und ihren Werten übereinstimmte.
Bei Anwendung der obigen Definition waren in der Interventionsgruppe 99 von 409 Frauen (24%) und in der Kontrollgruppe 63 von 408 Frauen (15%) in der Lage, eine «informierte Entscheidung» zu treffen. In der Interventionsgruppe waren weniger Frauen dem Screening gegenüber positiv eingestellt (69% gegenüber 83% in der Kontrollgruppe) und ein geringerer Prozentsatz beabsichtigte, am Screening teilzunehmen (74% gegenüber 87%). Interessanterweise zeigten die Frauen in der Interventionsgruppe weniger Angst vor einer Krebsdiagnose, obwohl sie das Risiko einer solchen ähnlich korrekt einschätzten wie die Frauen in der Kontrollgruppe.
Aus meiner Sicht das wichtigere Ziel, als die Zahl der an einem Mammographie-Screening teilnehmenden Frauen zu erhöhen, ist es, den betroffenen Frauen dabei zu helfen, die für sie richtige Entscheidung zu treffen – das heisst, diejenige Entscheidung, die sich am besten mit ihren eigenen Wertvorstellungen deckt. Die vorliegende Studie zeigt einerseits klar, dass geeignetes Informationsmaterial uns bei diesem Vorhaben unterstützen kann. Andererseits holen uns die Zahlen auf den Boden der Realität zurück – trotz den idealen Bedingungen im Rahmen der Studie gelang es nicht einmal der Hälfte der Frauen, eine «informierte Entscheidung» zu treffen, bei der nicht nur adäquates Wissen vorhanden war, sondern auch persönliche Werte und Absicht übereinstimmten. Dabei steht uns hier in der Schweiz leider nicht einmal optimales Informationsmaterial zu Verfügung – die Informationsbroschüre der Krebsliga (http://goo.gl/wSeQV0) enthält zwar alle relevanten Fakten, das Fehlen einer geeigneten graphischen Darstellung erschwert es aber, Nutzen und Schaden des Brustkrebsscreenings wirklich miteinander vergleichen zu können.
Zusammengefasst und kommentiert von Alexandra Röllin
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