Chemotherapie bei Ösophaguskarzinom: Nutzen fraglich

  • r -- Kelsen DP, Ginsberg R, Pajak TF et al. Chemotherapy followed by surgery compared with surgery alone for localized esophageal cancer. N Engl J Med 1998 (31. Dezember); 339: 1979-84 [Link]
  • Kommentar: Rudolf Morant
  • infomed screen Jahrgang 3 (1999) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 1. März 1999
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Studienziele

Das Ösophaguskarzinom hat eine schlechte Prognose. Mit dieser Multizenterstudie sollte eruiert werden, ob eine präoperative Chemotherapie die Resultate der Chirurgie verbessert.

Methoden

440 Personen mit einem Ösophaguskarzinom (je ungefähr zur Hälfte Adenokarzinome und Pflasterzellkarzinome) wurden randomisiert zwei Behandlungsarmen zugewiesen (Operation mit oder ohne Chemotherapie). Die Chemotherapie umfasste drei prä- und zwei postoperative Zyklen mit Cisplatin (Platinol® u.a.) und Fluorouracil. Die Karzinomresektion wurde als kurativ eingestuft, wenn die Ränder des Resektats mikroskopisch bis mindestens 1 mm tumorfrei waren. Von 204 Kranken, die Chemotherapie erhielten, konnten nur 144 mit drei vollen präoperativen Zyklen behandelt werden. Zwei postoperative Zyklen konnten lediglich bei 38% dieser Gruppe vorgenommen werden. Die mediane Beobachtungsdauer betrug 55 Monate. Der wichtigste Endpunkt war die gesamte Überlebenszeit.

Ergebnisse

227 Kranke wurden sofort operiert, 213 erhielten zusätzlich Chemotherapie. Die Resektion konnte bei 133 Personen (62%) der Chemotherapiegruppe und bei 135 (59%) ohne Chemotherapie als kurativ eingestuft werden. Nach kombinierter Therapie betrug die mediane Überlebensdauer 15 Monate, nach ausschliesslich chirurgischer Therapie 16 Monate. Die Überlebensrate nach einem Jahr betrug 59% bzw. 60%.

Schlussfolgerungen

In dieser Studie konnte bei Kranken mit einem Ösophaguskarzinom keine Verbesserung der Überlebensrate erzielt werden, wenn vor einer Resektion zusätzlich Cisplatin und Fluorouracil eingesetzt wurden.

Als Ursache für das negative Studienergebnis können verschiedene Möglichkeiten diskutiert werden. So konnte die geplante Chemotherapie nur bei einer Minderheit in der vorgesehenen Dosierung und Dauer durchgeführt werden. In der vorliegenden Studie fällt zudem auf, dass der Anteil Remissionen, insbesondere von Vollremissionen, im Vergleich zu anderen Studien, welche eine kombinierte Radiochemotherapie durchgeführt haben, niedriger liegt.1 Der Nachweis einer vollständigen Tumornekrose im resezierten Ösophagus ist jedoch nachgewiesenermassen mit einem verlängerten Überleben vergesellschaftet. Die Histologie (Adenokarzinom oder Pflasterzellkarzinom) hatte in bezug auf das Überleben in dieser Studie keinen Einfluss. Vermutlich kann bei der gewählten Chemotherapie die zusätzliche Strahlentherapie nicht aus dem Therapiekonzept wegfallen. Eine andere Möglichkeit zur Verbesserung der Behandlungsresultate ist der Versuch, die Chemotherapie mit Cisplatin und Fluorouracil durch eine möglicherweise bessere Kombination zu ersetzen, z.B. unter Einbezug von Taxanen. Dieser Weg wird in verschiedenen laufenden Studien untersucht. Eine präoperative Chemotherapie mit Cisplatin/Fluorouracil in der hier verwendeten Dosierung ohne zusätzliche Strahlentherapie kann aufgrund der vorliegenden Studie bei Patienten mit Ösophaguskarzinom somit nicht empfohlen werden.

Rudolf Morant

1 Walsh TN, Noonan N, Hollywood D et al. A comparison of multimodal therapy and surgery for esophageal adenocarcinoma. N Engl J Med 1996; 335: 462-7

Standpunkte und Meinungen
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Chemotherapie bei Ösophaguskarzinom: Nutzen fraglich ( 1999)