Unterschenkelgips besser als Orthesen bei Sprunggelenksdistorsion?

  • r -- Lamb SE, Marsh JL, Hutton JL et al. Mechanical supports for acute, severe ankle sprain: a pragmatic, multicentre, randomised controlled trial. Lancet 2009 (14. Februar); 373: 575-81 [Link]
  • Zusammenfassung: Erik von Elm
  • Kommentar: Heinz Zimmermann
  • infomed screen Jahrgang 13 (2009) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 1. Mai 2009
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Studienziele
Schwere Sprunggelenksdistorsionen sind häufig. In dieser randomisierten Studie wurde untersucht, welche Methode das verletzte Gelenk am wirksamsten bei der Heilung unterstützt.

Methoden
Alle mindestens 16 Jahre alten Personen, welche sich mit einer Verstauchung des Sprunggelenks in der Notaufnahme von 8 englischen Spitälern vorstellten, wurden für die Teilnahme in Betracht gezogen. Nach dem Ausschluss von Knochenverletzungen und dem Anlegen einer schlauchförmigen Kompressionsbandage wurde das Gelenk zum Abschwellen zwei bis drei Tage entlastet. Sofern danach der verletzte Fuss noch nicht belastet werden konnte, wurden die Betroffenen zufällig einer von vier Studiengruppen zugeteilt. Zwei Gruppen erhielten je eine spezielle Orthese (einen Bledsoe®- Schuh – relativ aufwändig und in der Schweiz wenig gebräuchlich – oder eine Aircast®-Sprunggelenksschiene), eine Gruppe während 10 Tagen einen Unterschenkelgips und die Kontrollgruppe weiter die Kompressionsbandage. Hauptzielgrösse war die Qualität der Sprunggelenksfunktion nach drei Monaten. Diese wurde mit dem «Foot and Ankle Outcome Score» (FAOS) gemessen, welcher nebst der Qualität der Sprunggelenksfunktion auch Schmerzen, weitere Symptome, alltägliche und sportliche Aktivitäten erfasst.

Ergebnisse
584 Verletzte erhielten eine der vier Behandlungsmethoden. Verglichen mit der Kompressionsbandage war nach drei Monaten die Qualität der Sprunggelenksfunktion mit Unterschenkelgips um 9% besser (95% CI 2,4%-15,0%), mit Aircast ®-Sprunggelenksschiene um 8% (95% CI 1,8%-14,2%) und mit einem Bledsoe®-Schuh um 6% (95% CI 0%-12,3%). Bei einer Verlaufsuntersuchung nach neun Monaten war die Sprunggelenksfunktion in allen Gruppen vergleichbar.

Schlussfolgerungen
Beim Vergleich von vier Methoden zur Behandlung der schweren Sprunggelenksdistorsion wurde mit dem Unterschenkelgips tendenziell das beste Ergebnis erzielt. Beide Orthese-Systeme waren ebenfalls wirksamer als der alleinige Einsatz der Kompressionsbandage.

Zusammengefasst von Erik von Elm

Die Resultate wurden zeitgleich im «Lancet» und als «Health Technology Assessment»-Bericht1 publiziert. Im «Lancet» empfehlen die Studienverantwortlichen im Gegensatz zur bisher gültigen Evidenz, welche eine Frühmobilisation empfiehlt, die Verwendung eines Unterschenkelgipses. Im HTA-Bericht sind die Empfehlungen zurückhaltender, da im Langzeitverlauf nach 9 Monaten keine Unterschiede mehr auszumachen sind. Die untersuchten Personen wurden aufgrund des subjektiven Befundes «nicht auf dem Fuss stehen können» in die Studie einbezogen. Nach unserer Erfahrung können aber die meisten Verletzten ihr Gelenk teilweise belasten, wenn man sie dazu auffordert. Die Empfehlungen beziehen sich deswegen nur auf einen kleinen Teil der Betroffenen. Zudem war die Akzeptanz für einen Unterschenkelgips gegenüber den Vergleichsmethoden deutlich kleiner: ein Grossteil der Personen, welche einer Studienteilnahme nicht zustimmten, taten dies, weil sie keinen Gips wollten. Auch die Risiken eines thromboembolischen Ereignisses respektive der Thromboseprophylaxe sind nicht zu vernachlässigen. Aus diesen Gründen vermag uns die Studie nicht wirklich zu überzeugen.

Aris Exadaktylos und Heinz Zimmermann

1 Cooke MW, Marsh JL, Clark M et al. Treatment of severe ankle sprain: a pragmatic randomised controlled trial comparing the clinical effectiveness and costeffectiveness of three types of mechanical ankle support with tubular bandage. The CAST trial. Health Technol Assess 2009 (13. Februar); 13: iii, ix-x, 1-121 _______________________________________________

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Unterschenkelgips besser als Orthesen bei Sprunggelenksdistorsion? ( 2009)