Johanniskraut: erneut negatives Studienresultat
- r -- Davidson JR, Gadde KM, Fairbank JA et al. Effect of Hypericum perforatum (St John's wort) in major depressive disorder: a randomized controlled trial. JAMA 2002 (10. April); 287: 1807-14 [Link]
- Kommentar: Thomas E. Schläpfer
- infomed screen Jahrgang 6 (2002)
, Nummer 7
Publikationsdatum: 1. Juli 2002 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Extrakte aus Hypericum perforatum (Johanniskraut) werden in der Behandlung von Depressionen angewendet. Einige randomisierte Studien und eine Metaanalyse zeigten eine gegenüber Placebo überlegene Wirkung bei leichten bis mittelschweren Depressionen, während andere Studien keinen Effekt zeigten. In dieser Studie wurde Hypericum bei ambulant Behandelten mit einer mittelschweren bis schweren Depression mit Placebo und Sertralin (Gladem®, Zoloft®) verglichen.
Methoden
In 12 amerikanischen Kliniken wurden Personen in die Studie aufgenommen, die die Kriterien einer «major depression» (nach DSM IV) erfüllten und auf der «Hamilton Depression Scale» (HAM-D) mindestens 20 von 60 Punkten erreichten. Drei Gruppen mit der folgenden Behandlung wurden verglichen: Hypericum (3mal 300 mg täglich), Sertralin (50 mg täglich) bzw. Placebo. Während der 8wöchigen Therapiephase konnte die Tagesdosis bis zu 1'800 mg Hypericum oder 150 mg Sertralin erhöht werden. Bei gutem Ansprechen wurde die Behandlung danach für 16 Wochen weitergeführt. Primäre Endpunkte waren Veränderungen der HAM-D-Scores und die Zahl der Personen, die sehr gut auf die Therapie ansprachen.
Ergebnisse
Nach einer initialen Placebophase wurden 340 Personen in die Studie aufgenommen. Während der 8wöchigen Behandlungsphase zeigte sich in allen 3 Gruppen eine deutliche Abnahme der depressiven Symptome. In der Placebogruppe sprachen 32% sehr gut an, in der Sertralingruppe 25% und in der Hypericumgruppe 24% (Unterschiede nicht signifikant). Der einzige signifikante Vorteil für eines der aktiven Medikamente fand sich für Sertralin in der Gesamtbeurteilung durch die Behandelnden.
Schlussfolgerungen
Diese Studie konnte keine Wirksamkeit von Hypericum perforatum bei der Behandlung von mittelschweren bis schweren Depressionen zeigen. (FT)
«Pflanzliche Medikamente» werden von vielen Personen mit leichteren Depressionen gewünscht. Es ist deshalb wichtig, Wirkung und Nebenwirkungen dieser Substanzen seriös und unvoreingenommen zu überprüfen. In der vorliegenden grossen Studie wurde die Wirksamkeit von Hypericum nicht nachgewiesen, aber die Komparatorsubstanz Sertralin war auch nicht wirksam. Allerdings verursachte Hypericum mehr Nebenwirkungen. Im ideologischen Kampf «Natur gegen Chemie» bringt uns diese Studie kaum weiter. Mehr Evidenz und weniger Ideologie ist im Interesse der Patientinnen und Patienten in der Depressionsbehandlung gewünscht.
Thomas E. Schläpfer
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