Risikoabschätzung nach transitorischer Ischämie

  • a -- Rothwell PM, Giles MF, Flossmann E et al. A simple score (ABCD) to identify individuals at high early risk of stroke after transient ischaemic attack. Lancet 2005 (2. Juli); 366: 29-36
  • Zusammenfassung: Erik von Elm
  • Kommentar: Heinrich Mattle
  • infomed screen Jahrgang 9 (2005) , Nummer 9
    Publikationsdatum: 1. September 2005
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Studienziele
Transitorische ischämische Attacken (TIA) gehen einem Schlaganfall oft voraus. Ziel dieser Studie war es, einen praktikablen Score zu entwickeln, mit dem Personen mit erhöhtem Schlaganfall-Risiko nach einer TIA identifiziert werden können.

Methoden
In einem ersten Schritt wurden bei einer Gruppe von 209 Personen mit einer TIA diejenigen Faktoren gesucht, welche mit einem erhöhten Risiko eines Schlaganfalls in der ersten Woche nach der TIA assoziiert waren. Diese Faktoren wurden zu einem Score kombiniert, dessen Voraussagewert bei zwei weiteren Gruppen von Personen mit einer vermuteten oder bestätigten TIA überprüft wurde.

Ergebnisse
Es konnte ein einfacher Score (ABCD-Score) mit maximal 6 Punkten abgeleitet werden. Bewertet wurden die vier Elemente Alter (über 60 Jahre = 1 Punkt), Blutdruck (über 140/90 mm Hg = 1 Punkt), klinische Zeichen (Clinical features; Hemiparese = 2 Punkte, Sprachstörung ohne motorische Schwäche = 1 Punkt) und Dauer der Symptome (über 60 Min. = 2 Punkte, 10 bis 59 Min. = 1 Punkt). Der Score korrelierte in allen untersuchten Personengruppen gut mit dem Risiko für einen Schlaganfall innerhalb einer Woche. In der grösseren Kontrollgruppe mit 378 Personen mit einer wahrscheinlichen oder sicheren TIA wiesen 27% einen Score von 5 oder 6 auf. In dieser Gruppe ereigneten sich 19 von 20 Schlaganfällen, die in den folgenden 7 Tagen beobachtet wurden. Das Risiko für einen Schlaganfall innerhalb einer Woche war klein bei einem Score-Wert unter 5 (0,4%), deutlich höher bei 5 Punkten (12,1%) und erreichte 31,4% bei 6 Punkten.

Schlussfolgerungen
Das Risiko eines Schlaganfalls in der ersten Woche nach einer TIA korreliert gut mit einem einfachen Score aus 4 Elementen. Mit dem ABCD-Score können in der Praxis Personen identifiziert werden, die aufgrund ihres erhöhten Risikos umgehend untersucht und behandelt werden sollten.

Zusammengefasst von Erik von Elm

Diese Arbeit bestätigt einmal mehr, dass eine transitorische ischämische Attacke (TIA) ein ernst zu nehmendes Symptom darstellt. 11 bis 12 Prozent der Betroffenen erleiden einen Hirnschlag im Laufe des folgenden Monats, am häufigsten innert der ersten 7 Tage nach der TIA. Die Studienverantwortlichen versuchen mit einem Score jene Betroffenen zu identifizieren, die besonders gefährdet sind und bei denen rasches Handeln einen Hirnschlag potentiell vermeiden kann. Als Quintessenz ist der Studie zu entnehmen, dass nur bei Personen mit 4 oder mehr Punkten auf dem Score rasches Handeln angesagt sei. Transferieren wir dies in den klinischen Alltag: Ein 65jähriger Mann (1 Punkt) mit einer leichten arteriellen Hypertonie (1 Punkt) erleidet eine vorübergehende armbetonte Halbseitenschwäche (2 Punkte) von einer Viertelstunde Dauer (1 Punkt). Dies ergibt total 5 Punkte, ergo sind notfallmässige Hospitalisation, Abklärung und Therapie angezeigt.

Es gibt vermutlich nur selten TIA-Betroffene mit weniger als 4 Punkten auf der Skala. Folglich bestätigt sich, was Grundversorgerinnen und Grundversorger bereits wussten: Eine TIA ist eine Notfallsituation, die rasches Handeln erfordert! Ich rate, jede Person mit einer TIA notfallmässig einer Spezialistin oder einem Spezialisten in Klinik oder Praxis zu überweisen.


Heinrich Mattle


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Risikoabschätzung nach transitorischer Ischämie ( 2005)