Probleme mit der Blutzucker- Selbstmessung
- a -- Peel E, Douglas M, Lawton J. Self monitoring of blood glucose in type 2 diabetes: longitudinal qualitative study of patients' perspectives. BMJ 2007 (8. September); 335: 493-8 [Link]
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Jörg Furrer
- infomed screen Jahrgang 11 (2007)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 1. November 2007 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Aktive Beteiligung der Betroffenen an der Therapie ist eine wichtige Grundlage einer effektiven Diabetes-Behandlung. Obwohl der Nutzen einer Blutzucker-Selbstkontrolle bei Personen mit Typ-2-Diabetes umstritten ist, wird eine solche von vielen Fachleuten empfohlen. Ziel dieser Beobachtungsstudie war es, Erfahrungen mit der Blutzucker-Selbstkontrolle bei Personen mit Typ-2-Diabetes zu untersuchen.
Methoden
Ursprünglich wurden 40 Personen mit frisch diagnostiziertem Typ-2-Diabetes in die Studie aufgenommen. Bei der Auswahl wurde die Verteilung der Erkrankung in verschiedenen Bevölkerungsgruppen mitberücksichtigt. Dreimal im ersten Jahr und einmal drei Jahre später wurden sie zu ihren Erfahrungen mit der Selbstmessung befragt. Die Interviews wurden thematisch analysiert: wichtigste Fragestellung war, ob und warum Erfahrungen und Ansichten zur Blutzucker- Selbstmessung sich über die Zeit veränderten.
Ergebnisse
18 Personen, die Selbstmessungen durchgeführt hatten, konnten 3 Jahre nach Studienbeginn befragt werden. Von diesen massen noch 10 regelmässig selbst Blutzuckerwerte. Als wichtiger Faktor, ob die Selbstmessungen weiter geführt wurden, erschien das Verhalten der betreuenden Fachleute. Einige empfanden, dass sich diese mehr für die HbA1c-Werte als für die Selbstmessungen interessierten. Die Interpretation der gemessenen Werte blieb über die gesamte Zeit schwierig, insbesondere für Leute ohne höhere Bildung. Nach dem ersten Jahr erhielt niemand mehr eine Schulung bezüglich Selbstmessung. Andererseits wurden hohe Werte vor allem von Frauen zum Teil schuldbehaftet als Ausdruck schlechten Verhaltens interpretiert. Dies führte teilweise auch zum Abbruch der Selbstmessungen. Es gab kaum Anzeichen, dass die Teilnehmenden die Blutzucker-Selbstmessungen für die Selbstkontrolle und Verhaltensänderungen einsetzten.
Schlussfolgerungen
Die Probleme der Betroffenen mit der Blutzucker- Selbstmessung spiegeln die klinische Unsicherheit bezüglich ihres Wertes. Vor und während dem Einsatz dieses Mittels sollten die Betreuenden klare Vorstellungen haben, wem und warum sie eine Blutzucker-Selbstkontrolle empfehlen. Die Betroffenen sollten entsprechend geschult und begleitet werden.
Zusammengefasst von Franz Marty
Endlich eine Arbeit, welche den Finger auf wunde Punkte bei der Diskussion um den Sinn der Blutzucker- Selbstmessungen bei Typ-2-Diabeteskranken ohne Insulintherapie legt. Die Betroffenen sind oft zu wenig geschult und können deshalb ihre Messungen nicht interpretieren. Wenn die Betreuenden sich nicht für die Messwerte interessieren, diese nicht zusammen mit den Behandelten analysieren und einleuchtend darauf gestützte Therapieänderungen vorschlagen, finden die Diabeteskranken schnell, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Nur im Gespräch über die Blutzuckerwerte finden Betreuende und Betroffene heraus, ob die Messungen Sinn machen, ob deren Anzahl reduziert oder vorübergehend darauf verzichtet werden kann. Dies gilt vor allem bei Personen mit gut eingestelltem Diabetes, wo vereinzelte Stichproben genügend sind. Anderseits sind Blutzuckerwerte für die Diskussionen von Therapie und Verhaltensänderungen die geeignetsten Grundlagen, was aus dieser instruktiven Publikation deutlich hervorgeht. Sie sollte als Pflichtlektüre mit jeder Dose Blutzuckermessstreifen mitgeliefert werden.
Jörg Furrer
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