QT-Verlängerung unter Citalopram
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 33
, Nummer 5, PK853
Redaktionsschluss: 12. Dezember 2011
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2011.853 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Citalopram (Seropram® u.a.) ist ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), der recht häufig verschrieben wird. Als ein Vorteil dieses Antidepressivums wird angeführt, dass es in der Regel keine Probleme beim Absetzen verursacht.1 Anderseits ist schon länger bekannt, dass das Medikament bei Überdosierung häufiger als andere SSRI zu einer Verlängerung des QT-Intervalls und gefährlichen Arrhythmien führen kann.(2)
In einer doppelblinden Crossover-Studie wurden nun bei 119 Individuen verschiedene Citalopram-Tagesdosen (20 oder 60 mg) und Placebo hinsichtlich ihrer Auswirkung auf das QT-Intervall miteinander verglichen.(3) Gegenüber Placebo ergab sich unter der 60-mg-Tagesdosis eine Verlängerung des QTc-Intervalls um durchschnittlich 18,5 msec, eine mehr als doppelt so starke Verlängerung als unter 20 mg/Tag. Die FDA schliesst daraus, dass die Citalopram-bedingte QT-Verlängerung dosisabhängig ist und hohe Dosen vermieden werden sollten. Tagesdosen über 40 mg sind deshalb nicht mehr zulässig.(3)
Dass Escitalopram (Cipralex®), das aktive, linksdrehende Enantiomer von Citalopram, mit derselben Problematik verbunden ist, wird in der FDA-Mitteilung nicht speziell erwähnt. In einer Studie wurden Escitalopram-Tagesdosen (10 bzw. 30 mg) verglichen, die denjenigen entsprechen, die in der oben erwähnten Citalopram-Studie verwendet wurden. Auch diese Untersuchung ergab für die höhere Dosis eine mehr als doppelt so starke QT-Verlängerung wie für die niedrige Tagesdosis.(4) Die europäische Arzneimittelbehörde empfiehlt deshalb, Personen im Alter über 65 maximal 10 mg Escitalopram täglich zu verordnen.(4)
Kommentar
In der Schweiz wurde bis anhin (Anfang Dezember 2011) die offizielle Information zu Citalopram und Escitalopram im Arzneimittel-Kompendium noch nicht korrigiert. Zu Citalopram wurde allerdings mit Datum vom 1. Dezember 2011 eine «wichtige Mitteilung» versandt, in der die neue Maximaldosis präzisiert wird. Es fällt schwer, die vergleichsweise zögerliche Reaktion zu begreifen. Durch eine QT-Verlängerung verursachte Arrhythmien können sich ja in besonders heimtückischer Weise «aus heiterem Himmel» manifestieren. Ich würde es deshalb für unerlässlich ansehen, dass solche neuen Erkenntnisse möglichst rasch publik gemacht würden – auf unserer Website erschien der entsprechende Hinweis übrigens bereits anfangs September 2011. Zu beachten gilt auch, dass Citalopram und Escitalopram Substrate mehrerer Zytochrome (CYP2C19, 2D6 und 3A4) sind, weshalb es zu Interaktionen mit entsprechenden Hemmern und – besonders bei höheren Dosen – ebenfalls einer Verlängerung der QT-Zeit kommen kann.
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