Erfunden und verschwunden

Synopsis

30 Jahre Pharma-Misserfolge

Unsere Zeitschrift existiert jetzt seit 30 Jahren. Dreissig Jahre Medizingeschichte, die im Bereich der Pharmakotherapie einige spektakuläre Fortschritte gesehen haben. Medikamente, die heute selbstverständlich zum medizinischen Alltag gehören, sind in diesen drei Jahrzehnten neu eingeführt worden – man denke nur an die Protonenpumpenhemmer, die ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorantagonisten oder an die Statine.

In dieser Zeit sind aber nicht nur viele Medikamente erstmals verfügbar geworden, ganz erstaunlich viele dieser neuen Medikamente sind auch wieder verschwunden. In der folgenden Übersicht wird – teilweise anhand von früheren pharma-kritik-Texten – gezeigt, in welchem Ausmass bestimmte Probleme voraussehbar waren bzw. welche Probleme allenfalls nicht frühzeitig erkannt wurden. Schliesslich wird kurz dargestellt, welche praktischen Empfehlungen sich ableiten lassen.

Ausmass der Problematik

Die Tabelle 1 bietet eine Übersicht zu denjenigen Medikamenten, die in unserer Zeitschrift als neue Präparate vorgestellt worden sind, heute aber nicht mehr erhältlich sind. Dies stellt eine vergleichsweise kleine Zahl von Medikamenten dar. Zusätzlich gibt es einige neue Mittel, die aus dem Handel genommen wurden, bevor sie in dieser Zeitschrift überhaupt erwähnt worden waren. Angaben zu den wichtigsten davon finden sich weiter unten im Text. Seit 1979 wurden allerdings sehr viel mehr Präparate aus dem Handel genommen; dabei handelt es sich jedoch oft um ältere Arzneimittel. Relativ viele dieser älteren Medikamente spielten aber in der Pharmakotherapie der letzten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts noch eine wichtige Rolle.
In der Tabelle 2 sind deshalb alle Medikamente berücksichtigt, die in «pharma-kritik» entweder in einem eigenen Artikel (Synopsis) oder wenigstens in einem eigenen Abschnitt einer Übersicht beschrieben wurden. Zu erwähnen sind ferner Medikamente, die nicht als Einzelsubstanzen besprochen wurden, bei denen jedoch die entsprechende Medikamentengruppe ganz oder weitgehend verschwunden ist.

Obsolet: toxisch oder unwirksam?

Ein beträchtlicher Teil der «verschwundenen» Medikamente musste zurückgezogen werden, weil sich ein ungünstiges Nutzen/Risiko-Verhältnis ergab. Dabei ist das Spektrum unerwünschter Arzneimittelwirkungen recht gross. Daneben gibt es aber auch einige Substanzen, die zwar nicht viel Schaden anrichteten, aber auch keinen überzeugenden Nutzen ergaben. Schliesslich sind Heilmittel zu erwähnen, die durchaus sinnvoll eingesetzt werden könnten, aber von der Herstellerfirma (meistens aus kommerziellen Gründen) zurückgezogen wurden. Zum letzteren Aspekt finden sich in einem früheren pharma-kritik-Text («Eine graue Liste») mehr Angaben.(1)

Kardiovaskuläre Toxizität

Das Paradebeispiel für eine zu wenig beachtete kardiovaskuläre Toxizität ist natürlich Rofecoxib (Vioxx®). Dass vielleicht Probleme entstehen könnten, war schon bekannt, als wir das Medikament initial (im August 1999) vorstellten: «Neben den Magen-Darm-Symptomen werden nicht selten Ödeme und erhöhter Blutdruck festgestellt.»(2)

Rund ein Jahr später wiesen wir in einer Nebenwirkungsnummer auch schon darauf hin, dass sich die kardiovaskulären Probleme nicht auf Rofecoxib beschränken: «Was die Auswirkungen auf Herz, Kreislauf und Niere anbelangt, kann nicht damit gerechnet werden, dass die COX-2- Hemmer besser verträglich sind als die bisher gebräuchlichen Entzündungshemmer. Die ungünstigen Auswirkungen der Entzündungshemmer bei Hypertonie und bei Herzinsuffizienz werden wohl allgemein zu wenig beachtet.»(3) Zurückgezogen wurde Rofecoxib aber erst im Herbst 2004, nachdem sich in einer neuen Studie ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen ergeben hatte.

Die kardiovaskuläre Toxizität ist auch der Grund, weshalb viele Appetitzügler verschwunden sind. Zu den ungünstigen Auswirkungen von Dexfenfluramin (Isomeride®) informierte unser Blatt von Anfang an: «Die schwerwiegendste Nebenwirkung ist die Entwicklung einer pulmonalem Hypertonie. Dieses Problem trat bereits bei den Amphetaminen auf. Bisher sind im Zusammenhang mit Dexfenfluramin mindestens sechs Fälle beschrieben worden. Der Fall einer 30jährigen Schweizerin, die an den Folgen der pulmonalen Hypertonie verstarb, dokumentiert die Tragweite dieser Nebenwirkung. … Sowohl Dexfenfluramin als auch Fenfluramin-Racemat kommen als Ursache einer pulmonalen Hypertonie in Betracht. Von einer Anwendung, die länger als drei Monate dauert, ist deshalb abzuraten. Andererseits ergeben Kurzzeittherapien keinen dauerhaften Effekt. Zu denken gibt auch die Tatsache, dass sich in der beschriebenen Langzeitstudie rund drei Viertel des Appetitzügler- Effektes mit einem Placebo erreichen liessen.»(4)

Tatsächlich war das durch Appetitzügler induzierte Problem der pulmonalen Hypertonie schon viel früher bekannt. In einer pharma-kritik-Nummer zum Thema der Appetitzügler sind nicht weniger als 10 Substanzen erwähnt, die heute alle verschwunden sind! Die Beurteilung lautete damals: «Nach heutigem Wissen leisten Appetitzügler nur ausnahmsweise einen nennenswerten Beitrag zur langfristigen Behandlung der Adipositas. Anderseits stellen diese Medikamente ein Nebenwirkungs-Risiko dar, das nicht vernachlässigt werden darf. … Aus ärztlicher Sicht sind sympathomimetische Appetitzügler im allgemeinen nicht indiziert.»(5)

Ein ähnliches Schicksal ist den Sympathomimetika widerfahren, die zur Behandlung einer drohenden Frühgeburt eingesetzt wurden. In einer pharma-kritik-Nummer wurden drei Betamimetika besprochen, die als Tokolytika verwendet wurden. Der Text weist auf die verschiedenen, recht bedeutsamen kardiovaskulären Probleme (bei Mutter und Kind) hin, die von den Betamimetika ausgelöst werden, nimmt jedoch nicht eindeutig Stellung dazu, ob Vor- oder Nachteile überwiegen.(6) Heute ist in der Schweiz keines dieser Medikamente mehr erhältlich. Im Vergleich mit dem Oxytocin-Antagonisten Atosiban (Tractocile®) weisen die Betamimetika deutlich mehr unerwünschte Wirkungen auf.

Hepatotoxizität

Immer wieder müssen Medikamente wegen ihrer Hepatotoxizität aus dem Handel gezogen werden. Das neueste Beispiel ist Ximelagatran/Melagatran (Exanta®), das wegen des Risikos einer Leberschädigung in den USA gar nie zugelassen worden war. Zu diesem Medikament stand in unserem Blatt: «Schwere Leberschäden (Anstieg der ALATAktivität über das 3-fache und des Bilirubinspiegls über das 2-fache des obersten Normwertes) wurden unter einer mehrmonatigen Ximelagatran-Behandlung mit einer Häufigkeit von etwa 0,5% beobachtet; in wenigen Fällen entwickelte sich daraus ein tödliches Leberversagen.»(7)

Andere Beispiele, bei denen die Hepatotoxizität im Vordergrund stand,    sind das Antidepressivum Nefazodon (Nefadar®), das Urikosurikum Benzbromaron (Desuric®), das Alzheimer-Medikament Tacrin (Cognex®), das Muskelrelaxans Chlormezanon (Trancopal®) und die pflanzlichen Kava-Präparate (z.B. Laitan®). (Es ist aber anzumerken, dass sich noch viele andere Medikamente, die weiterhin erhältlich sind, hepatotoxisch auswirken können. Beispiele sind Diclofenac [Voltaren® u.a.] und Nimesulid [Aulin® u.a.])

Gastro-intestinale Toxizität

Dass in den vergangenen 30 Jahren über ein Dutzend nichtsteroidale Entzündungshemmer aus dem Markt genommen wurden, beruht in erster Linie auf der gastro-intestinalen Toxizität dieser Wirkstoffe. Zu Isoxicam (Pacyl®) lautete der pharma-kritik-Text z.B. folgendermassen: «Im Vordergrund stehen die gastro-intestinalen Beschwerden. Bei 10 bis 20% der Isoxicam-behandelten Patienten treten Bauchschmerzen, Brechreiz, Erbrechen, Sodbrennen oder Durchfall auf. Nach Angaben der Herstellerfirma beträgt die Ulkusinzidenz aber nur 0,5%.»(8) Aus heutiger Sicht ist bemerkenswert, dass die Arzneimittelbehörden im Jahr 1984 ein Medikament für akzeptabel ansahen, das bei einer von 200 behandelten Personen ein klinisch manifestes Magenulkus verursacht. Ebenfalls 1984 bezeichnete die schweizerische Behörde das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Phenylbutazon (Butazolidin®) und Oxyphenbutazon (Tanderil®) als «medizinisch vertretbar», obwohl diese Medikamente zur selben Zeit in Norwegen bereits verboten waren.

Eine ungewöhnliche Nebenwirkung wurde mit einer Retardform von Indometacin (Indosmos®) beobachtet. Dieses Präparat zeichnete sich durch eine spezielle Galenik aus: aus einer Kapsel (einem «gastro-intestinalen therapeutischen System») wurde der Wirkstoff durch eine winzige Öffnung im Darm freigesetzt. Diese Arzneimittelform musste nach wenigen Monaten aus dem Markt genommen werden, da sie zu Darmperforationen mit Peritonitis führen konnte.

Aber auch andere Medikamente können den Magen- Darmtrakt schädigen. So ist es nicht verwunderlich, dass Ampicillin/Sulbactam (Unacid®) schon lange wieder verschwunden ist. Seine orale Form (Sultamicillin) verursachte sehr häufig Durchfall. Unser Text lautete: «In einer Studie trat dieses Problem bei 14 von 18 Kindern auf; aber auch in Studien bei Erwachsenen ergab sich eine Durchfall- Inzidenz von mehr als 10%. … Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Nachweis eines akzeptablen Nutzen/ Risiko-Verhältnisses für das orale Präparat noch aussteht. »(9)

Hautprobleme

Medikamente verursachen häufig kutane Nebenwirkungen. Da es sich vergleichsweise selten um sehr gefährliche Reaktionen handelt, führen diese jedoch nur vereinzelt zum Rückzug eines Medikamentes. Bei den nicht-steroidalen Entzündungshemmern ist dies jedoch häufiger der Fall. So haben sicher die schweren Reaktionen, die unter Valdecoxib (Bextra®) beobachtet wurden, zum Untergang dieses Medikamentes beigetragen. Wir hatten in unserer Zeitschrift schon im Februar 2004 vor diesen Problemen gewarnt: «Unter Valdecoxib sind wiederholt gefährliche oder gar lebensbedrohliche Hautreaktionen aufgetreten. Beobachtet wurden Fälle von Stevens-Johnson-Syndrom, toxischer epidermaler Nekrolyse und Erythema multiforme sowie andere allergische Hautreaktionen. … Es ist darum wichtig, dass Valdecoxib sofort abgesetzt wird, wenn Hautausschläge oder andere Zeichen einer Überempfindlichkeit auftreten. »(10) Das Medikament wurde erst im April 2005 zurückgezogen.

Ein anderer, besonders hauttoxischer Entzündungshemmer war Benoxaprofen (Oraflex®). Von dieser Substanz, die in anderen Ländern rund zwei Jahre lang verkauft wurde, blieb die Schweiz glücklicherweise verschont (weshalb wir auch nie dazu geschrieben haben). Benoxaprofen führte häufig zu einer Photosensibilisierung, aber noch zu weiteren Problemen (Onycholyse, multiple subepidermale Zysten, Hypertrichose usw.) – etwa die Hälfte aller Behandelten waren betroffen. Wie in anderen Fällen beteuerte die Herstellerfirma, der (erzwungene) Rückzug des Medikamentes beruhe auf einer Hysterie und sei nicht gerechtfertigt, da das Mittel «bei sachgerechter Anwendung» gut verträglich sei!

Mehrere Systeme betroffen

Wer kann sich noch an Zimelidin (Normud®) erinnern? Dieser Vorläufer der heute so beliebten Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, eingeführt in den frühen 1980er-Jahren, hatte viele Nachteile: «Unter Zimelidin wurden häufiger Schlaflosigkeit, Diarrhoe, Nausea und Appetitlosigkeit als unter Amitriptylin und Maprotilin beobachtet. … Zimelidin führte in den vorliegenden Studien zu einer leichten Abnahme der Herzfrequenz und des Blutdrucks sowie zu einer Verlängerung der QT-Zeit …»(11)

Unvorteilhaft fiel auch die Nutzen/Schaden-Bilanz des Vorgängers von Clopidogrel (Plavix®) aus. Ticlopidin (Ticlid®) war mit multiplen Problemen behaftet, die wir folgendermassen beschrieben: «Bei 50 bis 60% der mit Ticlopidin Behandelten treten unerwünschte Wirkungen auf. Am häufigsten sind gastrointestinale Nebenwirkungen (hauptsächlich Durchfall, aber auch Bauchkrämpfe, Übelkeit und Erbrechen). Weiter werden allergische Hautreaktionen und leichte Blutungskomplikationen beobachtet. … Als schwerwiegendste Nebenwirkung treten bei 2 bis 3% Neutropenien auf; etwa ein Drittel bis die Hälfte davon sind schwere Neutropenien (weniger als 450 Neutrophile/mm3).»(12)

Fleroxacin (Quinodis®), ein Chinolon-Antibiotikum, verursachte ebenfalls Probleme in verschiedenen Bereichen; Zitat: «Im Vordergrund stehen die zentralnervösen Störungen. Etwa 10% der Behandelten klagen über Schlaflosigkeit, Unruhe, Schwindel, Kopfschmerzen oder Alpträume. Häufig beschrieben werden auch gastrointestinale Symptome wie Nausea, Erbrechen, Magenschmerzen und Blähungen. Seltener sind Hautreaktionen, z.B. Pruritus und Photosensibilisierung. Insbesondere am ZNS und gastrointestinal hat Fleroxacin in den meisten Studien mindestens doppelt so viele Nebenwirkungen verursacht wie die Vergleichssubstanz. … Sein Hauptvorteil beruht auf der langen Plasmahalbwertszeit, so dass es nur einmal täglich verabreicht werden muss. Dieser Vorteil muss leider mit einer deutlich erhöhten Inzidenz von unerwünschten Wirkungen erkauft werden … Der Vergleich mit anderen Antibiotika fällt deshalb gesamthaft zu Ungunsten von Fleroxacin aus.»(13)

Die praktische Bedeutung der Antiarrhythmika der Klasse I (sogen. Natriumantagonisten) hat nicht vergebens stark abgenommen. Viele dieser Substanzen sind vom Markt verschwunden. Sie haben nicht nur ein arrhythmogenes Potential, sondern verursachen häufig noch weitere Probleme, wie wir sie z.B. für Mexiletin (Mexitil®) beschrieben haben: «Bei der intravenösen Verabreichung treten oft Brechreiz, Erbrechen, Blutdruckabfall, Bradykardie, Vorhofflimmern und   Konfusion   auf. … Zentralnervöse Symptome (Handtremor, Nystagmus, Benommenheit) sind bei oraler Mexiletin-Verabreichung nicht selten.»(14) Zu Tocainid (Xylotocan®) lautete die Beurteilung: «Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für Tocainid – wie für andere Antiarrhythmika – der Nachweis einer Reduktion der kardialen Mortalität nicht erbracht ist. … Die Hoffnung, mit Tocainid ein oral anwendbares, Lidocain-ähnliches Antiarrhythmikum mit einem überlegenen Nutzen-Risiko-Verhältnis gefunden zu haben, hat sich nicht bestätigt.»(15) Sowohl Mexiletin als auch Tocainid sind heute verschwunden.

Interaktions-Probleme

Eine ganze Reihe von vielbeachteten Rückzügen betrifft Medikamente, die in Kombination mit anderen Mitteln zu gefährlichen Problemen führen können. Von allen Medikamenten, die in unserem Buch über «100 wichtige Medikamente» vorgekommen sind, ist das Antihistaminikum Terfenadin (Teldane®) das einzige, das später zurückgezogen werden musste. Dabei ging es um schwerwiegende, zum Teil tödliche Komplikationen, die in der Regel (aber nicht ganz immer) auf einer Hemmung des Terfenadin- Metabolismus beruhten, was eine Verlängerung des QTIntervalls zur Folge hatte. Die gleiche Komplikation ist auch der Grund, weshalb Astemizol (Hismanal®) und Cisaprid (Prepulsid®) verschwunden sind.

Cerivastatin (Lipobay®) musste zurückgezogen werden, weil es weit häufiger als andere Statine zu einer Rhabdomyolyse mit teilweise tödlichen Folgen führte. Diese Interaktion wurde am häufigsten bei gleichzeitiger Verabreichung von Cerivastatin mit Gemfibrozil (Gevilon®) beobachtet. (Gemfibrozil ist nach wie vor erhältlich.)

Bei der Interaktion eines anderen Statins, Simvastatin (Zocor® u.a.), mit einem neuen Kalziumantagonisten – Mibefradil (Posicor®) – kam nicht das Statin zu Fall, sondern der blutdrucksenkende Kalziumantagonist. Dies erklärt sich durch das vielfältige Interaktionspotential von Mibefradil, vor dem wir gleich von Anfang an gewarnt hatten: «Mibefradil ist ein kompetitiver Hemmer der Zytochrome CYP3A4, CYP2D6 und CYP1A2. Besonders CYP3A4 ist ein Enzym, das für die Biotransformation zahlreicher Medikamente verantwortlich ist. Möglicherweise gefährliche Interaktionen ergeben sich aus der gleichzeitigen Verabreichung von Mibefradil mit Terfenadin, Astemizol, Cisaprid, Ciclosporin (Sandimmun®), Tacrolimus (Prograf®), Chinidin (z.B. Kinidin-Duriles®) sowie mit Statinen (HMGCoAReduktasehemmern). Bereits ist über mehrere Fälle von Rhabdomyolyse nach Hinzufügen von Mibefradil zu einer Behandlung mit Simvastatin berichtet worden. … Die Hemmung von CYP2D6 kann für den Anstieg der Plasmaspiegel verschiedener Antiarrhythmika sowie einzelner Betablocker und trizyklischer Antidepressiva verantwortlich sein. Besonders die Interaktion mit Betablockern, die ebenfalls bradykardisierend wirken, ist problematisch. In mehreren Fällen ist eine gefährliche Verlangsamung der Herzfrequenz beobachtet worden. In den USA wird deshalb von einer Verabreichung von Mibefradil an ältere Leute abgeraten, sofern sie mit Betablockern behandelt werden und ihre Herzfrequenz unter 55 liegt.»(16) Bemerkenswert ist hier, dass seither mehrere der genannten interagierenden Wirkstoffe (z.B. Terfenadin) ebenfalls verschwunden sind. Heute ist in der Schweiz auch kein Chinidin-Präparat mehr erhältlich.

Schlussfolgerungen

Aus den dargestellten Beispielen lassen sich mühelos drei einfache Schlussfolgerungen ableiten:

1. Wenn ein Medikament neu eingeführt wird, ist sein Nutzen/ Risiko-Profil ungenügend bekannt, weshalb auch sein therapeutischer Stellenwert zunächst nicht bestimmt werden kann. Deshalb ist bei allen neuen Medikamenten ein äusserst zurückhaltender Einsatz zu empfehlen.

2. Lassen sich früher oder später «Signale» von bedeutsamen unerwünschten Wirkungen beobachten, so sind diese besonders zu überwachen. Zugleich spricht dies für eine noch zurückhaltendere Anwendung.

3. Unabhängige Informationsquellen haben im Zusammenhang mit unerwünschten Wirkungen einen unschätzbaren Wert. Weder die Herstellerfirmen noch die Behörden weisen frühzeitig auf mögliche Probleme hin.

Standpunkte und Meinungen

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Erfunden und verschwunden (26. Mai 2009)
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pharma-kritik, 30/No. 17
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