Impfungen für Auslandreisende

Übersicht

Jedes Jahr reisen aus der Schweiz mehr als eine Million Menschen nach Lateinamerika, Afrika oder Asien und exponieren sich zahlreichen in den Tropen oder Subtropen vorkommenden Krankheiten. Viele Risiken können nur durch entsprechendes Verhalten minimiert werden (z.B. Reisedurchfälle, Verkehrsunfälle, HIV-Ansteckung). Impfungen sind dennoch wichtig, wenn es um die Vorbeugung zwar seltener, aber gefährlicher Erkrankungen geht.

Obligatorische Impfungen

Von den klassischen im internationalen Sanitätsreglement genannten Quarantäne-Krankheiten wie Cholera, Pest und Gelbfieber existieren nur noch für Gelbfieber Einreisevorschriften mit teilweise obligatorischer Impfung. Einzelne Staaten können jedoch trotzdem den Nachweis von Impfungen gegen einzelne Krankheiten – Cholera, Masern, Meningokokkenmeningitis (u.a. Saudi-Arabien für Pilger) oder Poliomyelitis – verlangen. Die entsprechenden Informationen sind auf der Internetseite www.safetravel.ch in regelmässig aktualisierter Form abrufbar.

Gelbfieber

Eine Impfung gegen das durch Stechmücken übertragene Gelbfieber-Virus ist zur Einreise in verschiedene Länder Westund Ostafrikas sowie nach Französisch Guyana obligatorisch. Daneben verlangen zahlreiche Länder eine Impfung nach einem Transit durch ein Endemiegebiet. Die Zahl der Gelbfiebererkrankungen wird weltweit jährlich auf 200'000 (davon 30'000 mit letalem Ausgang) geschätzt. Todesfälle bei Touristen sind vorgekommen, aber selten.

Der attenuierte Lebendimpfstoff (Stamm 17-D-204, Stamaril® Pasteur) wird auf Hühnerembryonen gezüchtet. Zehn Tage nach einer einmaligen Injektion wird ein Schutz von praktisch 100% während mindestens 10 Jahren erzielt. Auch Säuglinge ab dem 9. Lebensmonat können geimpft werden. Gelegentlich treten nach der Impfung Allgemeinreaktionen auf, Reaktionen bei Allergie auf Hühnereiweiss sind selten.

In den letzten Jahren sind einige Fälle von Multiorganversagen nach Gelbfieberimpfung beobachtet worden. Auch mehrere Fälle von Enzephalitis oder anderen zentralnervösen Komplikationen sind bekannt. Insgesamt sind seit 1996 mindestens 34 Fälle mit schweren unerwünschten Wirkungen publiziert worden; 12 Personen mit Multiorganversagen sind gestorben.(1) Deshalb drängt sich eine Neuevaluation der Indikation einer Gelbfieberimpfung auf. Insbesondere muss darauf geachtet werden, dass wirklich nur Personen, die in ein Endemiegebiet reisen, geimpft werden. In Südamerika soll selbst in den ndemiegebieten das Risiko, an einem Gelbfieber zu erkranken, nicht höher sein als das Risiko einer schweren Impfreaktion.

Für alle Reisende empfohlene Impfungen

Hepatitis A

Die Inzidenz einer Hepatitis-A-Erkrankung beträgt für nichtimmune Reisende in Gebieten mit hohem und intermediärem Risiko 6 bis 28 Fälle auf 100'000 Personen pro Monat. Mit der vor 15 Jahren erfolgten Einführung der routinemässigen Impfung gegen Hepatitis A von Reisenden haben die gemeldeten Erkrankungsfälle um das 10- bis 50-fache abgenommen.(2) Etwa die Hälfte der über 65-jährigen, in der Schweiz aufgewachsenen Personen haben als Kind eine Hepatitis A durchgemacht, ebenso die meisten Personen mit Migrationshintergrund (z.B. Tamilen). Da eine lebenslängliche Immunität besteht, müssen sie nicht geimpft werden. Im Zweifelsfall können die Antikörper bestimmt werden. Die Impfung ist indiziert für alle nicht-immunen Reisenden mit Destination ausserhalb von Europa, Nordamerika, Japan, Australien und Neuseeland. Auch Kleinkinder sollen geimpft werden, obwohl die Erkrankung im Allgemeinen inapparent oder subklinisch verläuft. Gerade deshalb können nach Rückkehr kleine Epidemien z.B. in Kindergärten auftreten.

Die beiden in der Schweiz erhältlichen Impfstoffe (Havrix® 1440, Epaxal®) sind gleich wirksam und weisen praktisch keine unerwünschten Wirkungen auf.(3) Epaxal® ist aluminiumfrei, die Viren sind an Hämagglutinin-Oberflächenmoleküle von Influenzaviren gekoppelt, was die Immunogenität des Impfstoffs verstärken soll. Protektive Antikörper können bereits 2 Wochen nach der Impfung nachgewiesen werden. Die Impfung kann aber auch noch am Tag der Abreise verabreicht werden. Bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit der Hepatitis- A-Erkrankung von 28 Tagen schützt die Impfung im schlimmsten Fall nicht vor der Infektion, jedoch mit fast 100- prozentiger Sicherheit vor der Krankheit.(4) Eine zweite Impfung – frühestens nach 6 Monaten, aber auch Jahre später – ergibt einen langjährigen Schutz, der wahrscheinlich lebenslänglich anhält. Die Kontrolle der Immunantwort mit Bestimmung der Antikörper ist unnötig. Auffrischimpfungen müssen keine mehr durchgeführt werden.(5,6) Die passive Immunisierung mit Gammaglobulin ist bedeutungslos geworden. Eine kombinierte Impfung gegen Hepatitis A und B (Twinrix® 720/20) kann nach dem im Abschnitt über Hepatitis B beschriebenen Schema verabreicht werden, wobei beachtet werden muss, dass eine Einzeldosis Twinrix® auch gegen Hepatitis A noch keinen genügenden Schutz gewährt.

Diphtherie-Tetanus-Pertussis

Zwischen 1990 und 1996 sind in den aus der ehemaligen Sowjetunion entstandenen neuen Ländern mehr als 110'000 Diphtherie- Erkrankungen vorwiegend bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen registriert worden. Die Wirksamkeit von Diphtherie- Toxoid zur Verhinderung einer Erkrankung wurde nie in eigentlichen Studien dokumentiert. Es besteht jedoch ein Konsens, dass mit der Impfung ein Schutz von etwa 90% erzielt werden kann. In Europa und in den USA weisen die meisten Erwachsenen keine protektiven Antikörper gegen Diphtherie auf. Obwohl in der Schweiz seit 1984 kein Fall von Diphtherie mehr registriert wurde, ist es sinnvoll, Reisende gegen Diphtherie in Kombination mit Tetanus zu impfen. In der Schweiz sind Tetanuserkrankungen heute sehr selten geworden. Die offizielle Empfehlung, alle 10 Jahre eine Wiederholungsimpfung mit einem kombinierten Diphtherie-Tetanus-Toxoid- Impfstoff durchzuführen, verursacht jedoch ein Dilemma. Der Schutz der Impfung gegen Diphtherie ist nicht von langer (sicher nicht von 10-jähriger) Dauer, andererseits wird diskutiert, ob eine Wiederholungsimpfung gegen Tetanus wirklich alle 10 Jahre notwendig ist.(7) Auffrischimpfungen mit einem azellulären Pertussisimpfstoff werden zwar bei jungen Erwachsenen diskutiert, sind für ältere Reisende aber nur ausnahmsweise angebracht.(8)

Masern

Masern sind in Afrika und Asien immer noch weit verbreitet. Auch in Europa treten immer wieder kleinere und mittlere Epidemien von Masernerkrankungen auf, so z.B. 2002 in Italien sowie 2003, 2005 und 2007 in der Schweiz. Die Durchimpfung der Kinder sollte mehr als 95% betragen, um solche Epidemien zu vermeiden; in der Schweiz sind aber lediglich 85% geimpft. Bei der reisemedizinischen Beratung ergibt sich deshalb die Gelegenheit, den Impfstatus zu überprüfen. Personen im Alter unter 40 Jahren sollten gemäss schweizerischem Impfplan insgesamt zweimal gegen Masern geimpft werden. Es wird vorzugsweise ein Kombinationsimpfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-II®, Priorix®) verwendet. Der monovalente Impfstoff gegen Masern ist in der Schweiz zurzeit nicht erhältlich.

Impfungen mit spezieller Indikation je nach epidemiologischer Lage, Reisestil und Aufenthaltsdauer

Poliomyelitis

Europa, Nord- und Südamerika sind von der WHO als frei von Poliomyelitis deklariert worden. Zahlreiche neue Fälle sind jedoch in Afrika südlich der Sahara, in Jemen und Indonesien aufgetreten. Wer nach Afrika (südlich der Sahara) und Asien (insbesondere Indien und Indonesien) reist, sollte falls notwendig geimpft werden. Nicht-geimpfte Personen erhalten eine Grundimmunisierung mit drei Dosen Totimpfstoff (IPV), geimpfte Personen eine Auffrischimpfung, falls sie in den letzten 10 Jahren nicht geimpft wurden. Seit einigen Jahren wird wegen der (zwar geringen) Gefahr einer Impfpoliomyelitis nur noch der Totimpfstoff nach Salk (IPV) verwendet. Die orale Lebendvakzine (OPV) ist nicht mehr im Handel.

Hepatitis B

Von 1000 Personen, die sich längere Zeit in Entwicklungsländern aufhalten, stecken sich monatlich 1 bis 2 mit dem Hepatitis- B-Virus an;(9) bei kürzeren Aufenthalten ist das Risiko geringer, jedoch nicht fehlend (sexuelle Kontakte, Tätowierungen, Notfalleingriffe). Impfen ist wichtig, da die Hepatitis B (im Gegensatz zur Hepatitis A) in etwa 10% zu einer chronischen Hepatitis mit eventueller Entwicklung einer Leberzirrhose und eines Leberzellkarzinoms führen kann. Die Impfung wird deshalb in vielen Ländern bereits im Säuglingsalter durchgeführt, in der Schweiz wird sie bei Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 15 Jahren empfohlen und von den Krankenkassen bezahlt. In der Schweiz sind zwei gleichwertige biotechnologisch hergestellte Impfstoffe auf dem Markt (Engerix®, HBVaxPRO®). Der Impfstoff für Kinder und Jugendliche enthält den halben Antigengehalt, derjenige für Dialyse- und HIV-Kranke den doppelten. Mit drei Injektionen (Monat 0, 1 und 6) werden hohe Serokonversionsraten mit lebenslänglichem Schutz erzielt, so dass Wiederholungsimpfungen nicht notwendig sind. Nach der zweiten Dosis besteht ein genügender Impfschutz; ein spezielles Schnellverfahren erübrigt sich. Jugendliche im Alter von 11 bis 15 Jahren können auch mit Erwachsenenimpfstoff (2 Dosen im Abstand von 6 bis 12 Monaten) geimpft werden. Die routinemässige Kontrolle der Immunantwort ist nur bei Personen mit hohem Expositionsrisiko (z.B. Medizinalpersonen) notwendig, bei Reisenden in der Regel jedoch unnötig. Die Hepatitis-B-Impfung, die intramuskulär in den Deltoidmuskel des Oberarmes injiziert werden soll, ist gut verträglich. Ein Zusammenhang mit dem Auftreten eines Guillain-Barré- Syndroms oder einer Multiplen Sklerose konnte nicht nachgewiesen werden.

Meningokokkenmeningitis

Für Reisende ist das Risiko, an einer Meningokokkenmeningitis zu erkranken, sehr klein. Gefürchtet ist die Krankheit wegen ihres häufig fulminanten Verlaufs mit einer Letalität bis zu 10%. Personen, die eine Pilgerreise nach Saudi-Arabien unternehmen, müssen obligatorisch mit dem quadrivalenten Polysaccharidimpfstoff (Mencevax® ACWY) gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, W135 und Y geimpft werden. Auch Personen, die in Gebiete mit ständiger erheblicher Endemiegefahr (z.B. Sahelgebiet in West- und Zentralafrika) reisen oder intensiven Kontakt mit der lokalen Bevölkerung pflegen, sollen mit diesem Impfstoff geimpft werden. Eine einmalige Impfung schützt während 2 bis 3 Jahren. Bei Kindern bis zu einem Alter von zwei Jahren ist die Impfung schlecht wirksam. In den USA ist ein konjugierter quadrivalenter Impfstoff im Handel (Menactra®).(10) Die auch bei Säuglingen und Kleinkindern gut wirksamen Konjugatimpfstoffe (Menjugate®, Meningitec®, NeisVac-C®) schützen nur vor Erkrankung durch Meningokokken der Serogruppe C. In der Schweiz werden etwa 60% der invasiven Meningokokkenerkrankungen durch Erreger der Serogruppe B verursacht, gegen die kein Impfstoff existiert.

Tollwut

Terrestrische Tollwut kommt in fast allen Ländern der Welt mit Ausnahme von Westeuropa, Japan, Australien, Neuseeland und Ozeanien vor. Fledermaustollwut ist weltweit verbreitet. In Entwicklungsländern sind Hunde der häufigste Vektor. Weltweit ereignen sich schätzungsweise jährlich etwa 60'000 Tollwuttodesfälle, ein Grossteil davon in Indien. Trotzdem ist für Reisende das Risiko, an einer Tollwut zu erkranken, sehr gering. Im Zeitraum von 20 Jahren (1977 bis 1996) wurden jährlich nur 1 oder 2 Tollwutfälle nach Europa importiert.(11) Da Tollwuterkrankungen immer tödlich verlaufen, darf die Indikation zur Impfung trotzdem grosszügig gestellt werden. Reisende müssen jedoch wissen, dass sie nach erfolgter präexpositioneller Impfung (Tag 0, 7, 21-28 + Auffrischimpfung nach 1 Jahr) immer noch 2 postexpositionelle Impfungen benötigen.(12) Der wesentliche Vorteil der doch recht teuren präexpositionellen Impfung liegt darin, dass nach Exposition lediglich aktiv nachgeimpft, jedoch das meist nur schwer erhältliche und sehr teure Tollwuthyperimmunglobulin (Beriglobin®) nicht benötigt wird. Wird eine nicht präexpositionell vorimmunisierte Person nach einem Biss geimpft, so müssen insgesamt 5 Impfungen (Tag 0, 3, 7, 14 und 28) vorgenommen werden. Zwingend muss ausserdem innerhalb der ersten 7 Tage nach Beginn der Impfserie Tollwuthyperimmunglobulin (20 IE/kg KG) möglichst rund um die Wunde gespritzt werden. Ob und wer präexpositionell geimpft werden soll, ist eine Ermessensfrage. Die Indikation muss nach individuellem Risiko sowie der Bereitschaft der Reisenden, für diese Impfungen finanzielle Aufwendungen zu tätigen, beurteilt werden. Eine eingehende Information ist in jedem Fall notwendig. Die beiden in der Schweiz erhältlichen Tollwutimpfstoffe (Rabipur®, Zucht auf Hühnerfibroblasten und Tollwut-Impfstoff Mérieux, Zucht auf diploiden Humanzellen [HDC]) sind beide stark immunogen und für die entsprechenden Impfschemen austauschbar. Nahezu 100% der präexpositionell Geimpften weisen eine Serokonversion mit protektiven Antikörpertitern auf.

Abdominaltyphus

Das Risiko, an der fäko-oral durch Trinkwasser und Nahrungsmittel übertragenen Salmonellose zu erkranken, ist gering. Die Inzidenz beträgt für Reisende etwa 3/100’000/Monat. In Südasien, Peru, Zentral- und Westafrika ist das Risiko jedoch etwa 10-mal grösser, zusätzlich können besonders in Asien Probleme mit Antibiotikaresistenzen auftreten. Mit 3 oralen Dosen des attenuierten Lebendimpfstoffs Ty21a (Vivotif®) wird ein Impfschutz von höchstens 50% erzielt,(13) wobei die Wirksamkeit bei Reisenden nicht geprüft wurde. Die in der EU, nicht jedoch in der Schweiz registrierten Vi-Antigen-haltigen parenteral verabreichten Totimpfstoffe (Typhim Vi®, Typherix®) bieten mit einer Schutzrate von etwa 55% keine wesentlichen Vorteile. Sie können bei Reisenden mit Immunschwäche angewendet werden. Reisende müssen informiert sein, dass eine Typhusimpfung nicht vor Reisedurchfällen schützt.

Japanische Enzephalitis

Das die Erkrankung verursachende Virus wird durch nachtaktive Stechmücken vorwiegend in ländlichen Gebieten insbesondere während der Regenzeit übertragen. Die Endemiegebiete befinden sich zum grossen Teil in China und Indien, aber auch in anderen Ländern wie Nepal, Indochina und Indonesien. Jährlich werden weltweit 1 bis 2 Erkrankungen bei ausländischen Kurzzeitaufenthaltern dokumentiert. Mit einem an den Tagen 0, 7 und 30 verabreichten Totimpfstoff (JE-Vax®) wird ein Schutz von 95% während 2 bis 3 Jahren erzielt. Systemische allergische Reaktionen wurden vor allem in Dänemark bis 2 Wochen nach der Impfung beobachtet.(1) Die Impfung ist für Kurzzeitaufenthalter kaum jemals indiziert. In der Schweiz ist sie nicht registriert, für Import und Verabreichung wird eine Bewilligung der Arzneimittelbehörde Swissmedic benötigt. Die Impfung kann deshalb nur von Impfzentren und einzelnen Fachärzten für Tropen- und Reisemedizin appliziert werden.

Influenza (Grippe)

Die Influenza ist bei Reisenden eine der häufigsten Erkrankungen, die durch eine Impfung vermeidbar ist.(14) Empfohlen wird die Impfung für über 65-jährige Reisende sowie solche mit chronischen Erkrankungen. Geimpft wird am besten vor der Grippe-Saison (auf der nördlichen Halbkugel Dezember bis März, auf der südlichen Halbkugel von Mai bis August, eventuell während des ganzen Jahres im Tropengürtel). Für die südliche Hemisphäre ist in den spezialisierten Impfzentren ein entsprechender Impfstoff vorrätig.

FSME (Zeckenenzephalitis)

Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) ist eine durch einen Zeckenstich übertragene Viruserkrankung. Wegen einer Zunahme der Erkrankungsfälle in der Schweiz, wird die Impfung generell für alle Personen im Alter von über 6 Jahren empfohlen, die sich in einem Endemiegebiet aufhalten und ein entsprechendes Expositionsrisiko aufweisen. Grosse Endemiegebiete befinden sich jedoch vor allem in Süddeutschland, Österreich, Südostschweden, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei und im Baltikum. Östlich vom Ural bis nach Wladiwostok kommt ein Subtyp, die «Russian Spring Summer Encephalitis » (RSSE) vor. Auslandreisende mit entsprechendem Expositionsrisiko (Wanderer, Biker usw.) sollten deshalb geimpft werden. Es wird angenommen, dass die FSME-Impfung auch gegen RSSE protektiv wirksam ist. In der Schweiz sind zwei gleichwertige, auf Hühnerembryonalzellen gezüchtete inaktivierte Totimpfstoffe auf dem Markt (Encepur® N, FSMEImmun ®).15 Mit drei Impfungen zum Zeitpunkt 0, 1 bis 3 und 9 bis 12 Monate wird ein guter Schutz von 97% erreicht. Kinder können mit reduzierter Impfdosis (spezielle Präparate) vom vollendeten 1. Lebensjahr an geimpft werden. Bei Bedarf kann auch nach einem Schnellschema aufgeimpft werden. Neu wird empfohlen, Auffrischimpfungen nur noch alle 10 Jahre vorzunehmen. (16)

Cholera

Für Reisende ist das Risiko, an einer Cholera zu erkranken, ausserordentlich gering. Pro Million Reisende erkranken jährlich lediglich zwei bis drei an einer Cholera.(17) Der parenterale Totimpfstoff ist in der Schweiz nicht mehr im Handel. Der gut wirksame orale Lebendimpstoff CVD 103-HgR (Orochol®) ist in der Schweiz zwar noch registriert, jedoch weltweit nicht mehr erhältlich. Neu auf dem Schweizer Markt ist ein oraler rekombinierter Toxin-B/Ganzzell-Totimpfstoff (rCTB-WC, Dukoral®). Mit 2 Dosen des Impfstoffs, verabreicht im Abstand von 2 Wochen, wird bei Personen, die in Endemiegebieten leben, ein Schutz von etwa 80% erreicht.(18) Bei nicht-immunen Personen ist der Impfstoff schlecht dokumentiert. Die Impfung ist nur für spezielle Situationen indiziert, z.B. für Einsätze in Katastrophengebieten und Flüchtlingslagern, bei speziellen Einreisebestimmungen, für Reisende auf Frachtschiffen.

Enterotoxische E.coli (ETEC)

Der orale Choleratotimpfstoff (Dukoral®) ist in der Schweiz, jedoch nicht in der EU, auch zur Prophylaxe eines durch ETEC verursachten Reisedurchfalls registriert. Er ist jedoch nur in höchstens 20% wirksam gegen ETEC, nämlich höchstens gegen diejenigen, die Hitze-labiles Toxin bilden (LT-ETEC). LTETEC sind jedoch nur für einen kleinen Teil der Reisedurchfälle verantwortlich. Da durch Dukoral® nur gerade bei 5 bis 10% ein Reisedurchfall verhindert werden kann, soll diese Impfung – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nur zur Prophylaxe der Cholera, nicht jedoch eines Reisedurchfalls verschrieben werden.(19)

Tuberkulose

Eine Evidenz für die Wirksamkeit der BCG-Impfung bei Erwachsenen ist nicht vorhanden. Immerhin ist dokumentiert, dass die Impfung Säuglinge vor potentiell letalen Verlaufsformen schützt; bei Jugendlichen wurde in einer einzigen prospektiven Studie ausserdem ein Impfschutz von etwa 80% festgestellt.(20) Für Auslandreisende wird diese Impfung nicht empfohlen. Auch für Langzeitaufenthalter wird das Infektionsrisiko als niedrig eingeschätzt.(21)

Leptospirose

Abenteuerferien – z.B. mit Kontakt zu verschmutztem Süsswasser – können ein Risiko für eine Infektion mit Leptospiren sein.(22) Die Wirksamkeit eines in Frankreich hergestellten formalininaktivierten Totimpfstoffs (Spirolept®) ist jedoch äusserst schlecht dokumentiert. Eine Prophylaxe mit täglich 100 mg Doxycyclin (Vibramycin® u.a.) ist wesentlich besser dokumentiert und wirksam.(23)

Reisende mit speziellen Problemen

Bei Kindern soll vor Auslandreisen die Gelegenheit genutzt werden, die Impfungen gemäss dem empfohlenen Routineimpfprogramm auf den neuesten Stand zu bringen. Besondere Beachtung soll der Impfung gegen Masern geschenkt werden.

Schwangere können mit Totimpfstoffen geimpft werden, sie sollen jedoch – ausser bei absolut zwingender Indikation – keine Lebendimpfungen erhalten, obwohl z.B. bei der Gelbfieberimpfung keine embryo- oder fötotoxischen Folgen bekannt sind.

Auch Reisende mit gestörter Immunabwehr sollen prinzipiell keine Lebendimpfstoffe erhalten. Dies gilt für Personen mit Organtransplantaten, HIV-Infizierte mit einer CD4-Zellzahl von weniger als 200/µl und für solche, die während mehr als 2 Wochen höherdosierte Kortikosteroide (>20 mg Prednison pro Tag) erhalten. Zwar wird in der Literatur über erfolgreiche Immunisierungen berichtet, z.B. über eine Masernimpfung bei Kindern mit Lebertransplantation(24) oder Gelbfieberimpfung bei AIDS-Kranken,(25) es sind jedoch auch Todesfälle vorgekommen.(26) Totimpfstoffe können verabreicht werden, die Immunantwort ist jedoch häufig ungenügend (besonders ausgeprägt, wenn die CD4-Lymphozyten <400/Wl liegen) und muss deshalb nachkontrolliert werden.

Malaria: In nächster Zukunft wird es sicher keinen Impfstoff gegen Malaria für nicht-immune Reisende geben. Wichtig ist ein guter Schutz gegen Stechmücken: mit einem Insektizid behandelte adäquate Kleidung, DEET-haltige Repellentien und eventuell ein Moskitonetz sind die wesentlichen Massnahmen. Daneben wird je nach Destination eine ständige Prophylaxe mit Medikamenten oder die Einnahme einer Notfalltherapie empfohlen.(27)

Standpunkte und Meinungen

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Impfungen für Auslandreisende (18. Juli 2007)
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pharma-kritik, 29/No. 3
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